Der Pferdemagen
Durch die Speiseröhre gelangt der Futterbrei in den Magen. Pferde haben einen zweigeteilten Magen. Der obere Teil des L-förmigen Magens (nach der Speiseröhre) hat eine drüsenlose Schleimhaut, der (ohne Barriere) daran anschließende tiefere Teil des Magens ist von einer Drüsenschleimhaut ausgekleidet. Dieser „Drüsenteil“ des Magens produziert den Magensaft, dessen Hauptbestandteil Salzsäure ist.
Der Magen des Pferdes
Täglich werden 5 bis 10 Liter Magensäure pro 100 kg Körpergewicht gebildet. Außer Säure sind bereits eiweißspaltende Enzyme zur Vorverdauung enthalten, damit die Nahrungseiweiße ausgefällt (denaturiert) werden können.
Im oberen drüsenlosen Teil des Pferdemagens finden sich Bakterien, die aus der Nahrung leicht zugängliche Kohlenhydrate wie Stärke und Zucker zu Laktat (Milchsäure) abbauen. Im nachgelagerten Drüsenteil werden dann die bakteriellen Abbauvorgänge des drüsenlosen Teils des Magens durch die dort gebildete Magensäure gestoppt. Diese tötet die Bakterien, die mit der natürlichen Nahrung aufgenommen werden ab, sie "desinfiziert" sozusagen den Nahrungsbrei für die nachfolgenden Verdauungsvorgänge in Dünn- und Dickdarm mit jeweils körpereigener Flora. Eine kluge Maßnahme der Natur, denn:
- aufgenommene Nahrung ist niemals keimfrei, und diese Keime aus der Außenwelt könnten sich ohne diese "Desinfektion" vermehren und lebensgefährliche Erkrankungen auslösen,
- der Pferdespeichel hat keine Enzyme für den Nahrungsaufschluss von Kohlenhydraten, was er evolutionsbiologisch auch nicht braucht, da das Pferd in der Steppe keine Futterkrippe voll mit Getreide, Pellets oder Müsli findet.
Die Passagedauer der Nahrung im Magen beträgt in Abhängigkeit von Futterart und -menge 1 – 5 Stunden. Beim Grasen auf der Weide leert sich der Magen schneller, da ständig neues Futter nachkommt und sich der Magen bei einem Füllzustand von zwei Dritteln automatisch entleert.
Magengerechte Pferdefütterung
- Im vorderen, drüsenlosen Teil des Magens finden bakterielle Umsetzungen statt. Die dort ansässigen Bakterien bilden aus Kohlenhydraten (insbesondere aus Zucker und Stärke) sogenannte flüchtige Fettsäuren, darunter Milchsäure. Diese Fettsäuren regen wiederum die Produktion von Magensaft im Drüsenteil an. Ein Grund, weshalb das Futter für Pferde mit bereits bestehenden Magenproblemen stärke- und zuckerreduziert sein sollte.
- Um die doch recht große Menge an Magensaft ausreichend puffern zu können, muss ein Pferd entsprechende Mengen Speichel bilden. Dies gelingt nur durch die Fütterung von ausreichend viel Heu (mindestens 1,7 kg je 100 kg KGW).
- Vor dem Krippenfutter sollte das Pferd immer eine ausreichende Menge Heu für rund 60 min bekommen. Das Heu saugt Magensaft auf, hält den Mageninhalt locker und der gebildete Speichel puffert den Magensaft ab.
- Belastung unmittelbar nach der Krippenfutteraufnahme ist nicht zu empfehlen, da bei Bewegung der Magen zusammengedrückt wird, was zu mehr Säure im drüsenlosen Teil des Magens und somit potenziell zu Geschwüren führt. Forcierte Bewegung führt außerdem dazu, dass Blut aus dem Magen-Darm-Trakt abgezogen wird. Die Verdauung verlangsamt sich und das Futter bleibt länger im Magen liegen. Stärkereiche Futtermittel haben mehr Zeit, zu Laktat abgebaut zu werden und fangen im schlimmsten Fall an zu gären.
- Anders verhält es sich mit Heu vor der Bewegung: Heu sorgt für einen besser gepufferten und geschichteten Mageninhalt und ist daher ein Schutz vor zu viel Säure. Wir raten dazu, dem Pferd vor der Arbeit zumindest eine kleine Menge Heu anzubieten. Insbesondere dann, wenn der Mageninhalt durch höhere Gangarten oder im Springsport viel Bewegung erfährt.
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Literaturverzeichnis
Coenen M, Vervuert I. Pferdefütterung. 6. Aufl. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2020.