Pferdeheu: So funktioniert die Heubeurteilung

Heu für Pferde sollte gut strukturiert, das heißt nicht zu weich und nicht zu grobstängelig sowie frei von Giftpflanzen und hygienisch unbedenklich sein. Grobes Heu mit einem hohen Anteil an Stängeln hat im Vergleich zu einem Heu mit hohem Anteil an Blättern einen geringeren Energie- und Nährstoffgehalt. Ist Heu zu fein, regt es die Pferde nicht ausreichend zum Kauen an.
Hygienisch unbedenklich bedeutet, dass der Gehalt an Bakterien, Hefen, Pilzen und Parasiten im produkttypischen Rahmen liegt. Überhöhte Gehalte an Bakterien, Hefen und Pilzen führen schnell zu gesundheitlichen Problemen wie z. B. Husten, Kolik oder erhöhten Leberenzymaktivitäten.
Bereits mit unseren Augen, Händen und Nase können wir uns einen ziemlich guten Überblick über die Qualität des Heus verschaffen. Eine genaue Analyse im Hinblick auf Energie- und Nährstoffgehalt, Zusammensetzung der Gräser und Pflanzen sowie Hygienestatus des Heus können Labore liefern.
Gefahren von hygienisch bedenklichem Futter

Heu und Stroh können durch ungünstige Witterungsbedingungen bei Ernte, Trocknung und Lagerung mit vermehrt produkttypischen, aber auch Verderb anzeigenden Mikroorganismen besetzt sein. Im ungünstigsten Fall sind Pilze oder Bakterien enthalten, die giftige Stoffwechselprodukte bilden, sogenannte Toxine. Dazu zählen Pilzgifte (Mykotoxine), die für Pferde lebertoxisch sind und Symptome wie Appetitlosigkeit, Depression, Zittern, Fieber, Ataxie (schwankender Gang, neurologische Ausfallerscheinungen) und Husten auslösen können. Botulismus, ausgelöst durch das Bakterientoxin von Clostridium botulinum, stellt eine tödliche Gefahr für Pferde dar.
Durch erdige Verunreinigungen bei zu tiefem Ernteschnitt < 10 cm, eingewickelten Tierkadavern bei der Heu- und Heulageernte, der Verwendung von Flächen, die mit Hühnergülle oder Biogasanlagekompost gedüngt wurden, besteht ein erhöhtes Risiko. Deshalb gilt: Wird in einem Ballen ein Tierkadaverrest gefunden, ist der gesamte Ballen Sondermüll und gehört entsorgt. Andernfalls drohen den betroffenen Pferden starke Lähmungen, Festliegen, Atemnot und meist der Tod. In weniger akut verlaufenden Fällen zeigen die Pferde allmählich fortschreitendes Muskelzittern und Schwäche. Nicht nur Silage und Heulage, auch Heu kann durch das Botulinumtoxin kontaminiert sein.
Sensorische Untersuchung
Mit Augen, Händen und unserer Nase sind wir zwar nicht so genau wie ein Labor, aber dennoch in der Lage, Heu zu beurteilen. Nehmen Sie dazu eine Handvoll Heu in die Hand und greifen einmal kräftig zu. Wie fühlt sich das Heu an: Piken Stängel schmerzhaft in Ihre Handflächen oder fühlt es sich klamm an, gar leicht feucht? Wie sieht das Heu aus? Überwiegend grün, ausgeblichen oder eher bräunlich? Enthält es mehr Blätter (im Querschnitt flach) oder Stängel (im Querschnitt rund und hohl)? Finden Sie Ähren (Samenstände) oder Blüten? Wie riecht es? Aromatisch, heutypisch, flach oder gar muffig dumpf nach Schimmel? Fällt Erde oder Staub heraus, wenn Sie es schütteln? Staubt es stark, wenn sie es vor einer Lichtquelle aufschütteln?
Die folgende Übersicht gibt Hinweise, was uns die sensorischen Eigenschaften des Heus über seine Qualität und Eignung als Futtermittel aussagen:
Farbe
Eigenschaften | = Hinweis für | Bewertung |
---|---|---|
Intensiv grün | Günstige Erntebedingungen, geringe Nährstoffverluste, schnelle Feldtrocknung oder künstliche Trocknung (mittels technischer Trocknungsanlagen, gute Hygiene!) | Gutes Heu |
Ausgeblichen | Sonneneinstrahlung, Regen bei der Ernte | In der Regel noch gutes Heu |
Grau weiß verfärbt | Schimmel | Hygienisch bedenklich |
Bräunlich | Wärmeentwicklung bei der Lagerung | Bedenklich |
Geruch
Eigenschaften | = Hinweis für | Bewertung |
---|---|---|
Angenehm, aromatisch, heutypisch, nicht staubig | Günstige Ernte- und Lagerbedingungen | Gutes Heu |
Flach | Ungünstige Erntebedingungen | In Ordnung |
Dumpf, muffig, schimmelig | Schimmel, Bakterien | Hygienisch bedenklich |
Griff
Eigenschaften | = Hinweis für | Bewertung |
---|---|---|
Trocken, strukturiert, griffig, blattreich (Blätter-Stängel- Verhältnis über 50:50) | Ausgewogenes Verhältnis von blattreich (hohe Verdaulichkeit, hoher Futterwert) und Stängelanteil (bedingt sinkender Futterwert bei sinkender Verdaulichkeit, häufig gute Akzeptanz als kaufähiges Material) | Gutes Heu |
Trocken, wollig, kaum Struktur | Früh im Wachstum der Gräser geschnittenes Heu | In Kombination mit anderem Raufutter geeignet |
Trocken, strukturiert, strohig, piksig, viele Stängel mit Blüten und Ähren | Spät im Wachstum der Gräser geschnittenes Heu | In Kombination mit anderem Raufutter oder für übergewichtige Pferde geeignet. Nicht optimal für magenempfindliche Pferde |
Klamm, feucht | Hinweis auf ungeeignete Lagerung | Hygienisch bedenklich |
Verunreinigungen
Eigenschaften | = Hinweis für | Bewertung |
---|---|---|
Frei von Erde, Staub, frei von Giftpflanzen | Gutes Heu | |
Schimmel, Käfer, Milben | Nicht optimale Ernte oder Lagerung | Hygienisch bedenklich |
Sand, Erde | Verunreinigungen wirken qualitätsmindernd und können gesundheitsgefährdend sein, Gefahr von Clostridium botulinum | Je nach Menge der Verunreinigung ungeeignet als Futter |
Tierkadaver | Gefahr von Clostridium botulinum | Hygienisch bedenklich |
Laboranalyse
Im Labor kann man Heu genau untersuchen lassen. Das ist immer sinnvoll, wenn:
- der Verdacht besteht, dass das Heu hygienisch nicht einwandfrei ist (z. B. mehrere Pferde im Stall husten oder koliken)
- Giftpflanzen enthalten sein könnten (z. B. unbekanntes Pflanzenmaterial im Heu oder mehrere Pferde mit gleichen gesundheitlichen Problemen auffällig)
- man Pferde ganz genau füttern muss/möchte, also Energie- und Nährstoffgehalte für die Rationskalkulation nötig sind (z. B. bei Pferden mit Nierenproblemen, EMS oder Sportpferde).
Analyse der Nährstoffe
Mit einer sogenannten Weender Analyse kann man folgende Parameter bestimmen:
- Trockensubstanz (TS): Sie gibt an, wie viel Restfeuchte im Heu enthalten ist.
- Rohasche (Ra): Hierbei handelt es sich um den Mineralstoffgehalt des Heus. Aber auch Verunreinigungen mit Erde schlagen hier zu Buche.
- Rohprotein (Rp): Dieser Wert liefert eine Aussage, wie viel Protein enthalten ist. Eine Aussage über die Verdaulichkeit des Proteins und damit zur Versorgung des Pferdes mit Aminosäuren (Bausteine für Proteine) liefert er nicht. Mithilfe weiterer Analysen kann man das verdauliche Rohprotein (verd. Rp) sowie die einzelnen enthaltenen Aminosäuren bestimmen.
- Rohfaser (Rfa): Der Rohfasergehalt gibt an, wie viele unlösliche Fasern wie Zellulose und Holzstoff (Lignin) enthalten sind.
- Stickstofffreie Extraktstoffe (NfE): Sie sind gewissermaßen der Rest. Hauptsächlich bestehen die NfEs aus Zucker, Stärke und löslichen Fasern wie ein Anteil von Zellulose und Hemizellulose sowie Pektine.
Mit Hilfe weiterer Analysen kann man die Gehalte einzelner Fette, Aminosäuren und Fasern näher untersuchen. Außerdem lässt sich der Gehalt an Spuren- und Mengenelementen sowie Vitaminen im Heu bestimmen.
Mikrobiologische Untersuchung
Bei einer mikrobiologischen Untersuchung wird der Gehalt an Bakterien, Hefen und Pilzen untersucht. Dabei werden typischerweise im Heu vorkommende Keime und Verderb anzeigende Keime untersucht sowie besonders gesundheitsschädliche wie z. B. Clostridium botulinum (Botulismus). Auch Untersuchungen auf Mykotoxine und Milben sind möglich.
Botanische Untersuchung
Bei einer botanischen Untersuchung werden die im Heu enthaltenen Pflanzen bestimmt. Auch die botanische Zusammensetzung (Sortenvielfalt) eines Raufutters kann so genau bestimmt werden.