Vitamin A, D, K und E fürs Pferd - Fettlösliche Vitamine

Pferd frisst Karottten
Retinol, alias Vitamin A, kommt nur in Futtermitteln tierischen Ursprungs vor, z. B. Fischöl und fettreiches Fischmehl. In pflanzlichen Futtermitteln (Gras, Karotten) ist lediglich β-Carotin enthalten. Bildquelle: Christiane Slawik

Dazu eine kleine Eselsbrücke: Im Supermarkt kann man Fette wie Butter und Öl kaufen. Eine bekannte Supermarktkette heißt „EDEKA“. In diesem Namen verstecken sich alle fettlöslichen Vitamine, die Sie kennen sollten: Vitamin E, Vitamin D, Vitamin K und Vitamin A.

Welche Futtermittel die jeweiligen fettlöslichen Vitamine enthalten, zeigt Ihnen anhand von Beispielen Tabelle 1. Zu beachten hierbei: Die bei Gras/Heu/Luzerne usw. angegebenen Vitamin A-Gehalte entsprechen den aus der Umwandlung des in der Pflanze vorkommenden ß-Carotin möglichen Mengen an Vitamin A, eine Überversorgung ist daher nicht möglich. Bei der Lagerung wird ß-Carotin abgebaut, so dass diese Werte in den Wintermonaten spätestens nicht mehr erreicht werden.

Übersichtstabellen: Fettlösliche Vitamine

Tabelle 1: Fettlösliche Vitamine in typischen Futtermitteln für Pferde, in I.E./kg bzw. mg/kg

FuttermittelVitamin A (teilweise aus ß-Carotin)Vitamin DVitamin E
EinheitI.E. pro kgmg pro kg
Gras (Wassergehalt 80 %)22.0000 – 505 – 50
Heu (Wassergehalt 14 %)5.000 – 8.000200 – 1.0000 – 80
Luzernepellets60.000350100
Hafer2.050010
Pflanzenöle, nativ000
Leinöl0060
Trockenschnitzel9055015
Karotten25.00000
Magnolythe® S100130.00020.00027.000

 

Tabelle 2: Fettlösliche Vitamine in einer typischen Tageportion für ein 600 kg Pferd

MengeFuttermittelVitamin AVitamin DVitamin E
 EinheitI.E.mg
12 kgHeu (Wassergehalt 14 %)60.000 – 96.0002.400 –9.6000 – 960
2 kgHafer4.100020
60 gMagnolythe® S1007.8001.2001.620

 

Versorgungsempfehlungen

Die tägliche Versorgungsempfehlung für die einzelnen Vitamine richtet sich nach dem Alter des Pferdes und seiner Leistung. Zum Begriff „Leistung“ gehören besondere Umstände, die eine höhere Zufuhr notwendig machen, z. B. Trächtigkeit, Laktation, Deckeinsatz, Wachstum und Arbeit. Besonders bei Vitamin E haben wir die Erfahrung gemacht, dass eine sehr gute Versorgung sich positiv auf die Losgelassenheit der Pferde auswirkt. Bei Pferden mit Muskelerkrankungen wird ebenfalls eine höhere Versorgung mit Vitamin E empfohlen. Dabei wird die Versorgungsempfehlung für das sogenannte metabolische Körpergewicht angegeben. Warum? Ein Beispiel: Eine Maus wiegt ca. 50 g, auch sie hat einen Vitaminbedarf. Ein Elefant dagegen wiegt 1.000 kg und auch er hat einen Vitaminbedarf. Aber nur weil er 50.000-mal so schwer ist wie die Maus, hat er keinen Vitaminbedarf, der dem 50.000-fachen entspricht. Je größer ein Tier ist, desto geringer wird sein Bedarf an Nährstoffen je kg Körpergewicht. Dieses Phänomen wird ausgedrückt durch das metabolische Körpergewicht. Das heißt eben auch, dass der Vitaminbedarf eines 600 kg schweren Pferdes nicht doppelt so hoch ist wie der eines 300 kg schweren Ponys. Also, wenn Sie mit Hilfe der nachfolgenden Tabelle die tägliche Versorgungsempfehlung berechnen wollen, geben Sie die in der Spalte angegebene Zahl für z. B. Vitamin A für Trächtigkeit in Ihren Taschenrechner ein und multiplizieren diese nicht mit dem reinen Körpergewicht Ihres Pferdes, sondern versehen das Körpergewicht mit dem Exponenten 0,75. Keine Sorge, ein nachstehend angefügtes Beispiel verschafft Ihnen Klarheit.

 

Tabelle 3: Empfehlungen zur täglichen Versorgung von Pferden mit fettlöslichen Vitaminen pro metabolischem Körpergewicht (d. h. pro kg0,75 Körpergewicht)

Vitamin (Maßeinheit)ErhaltungArbeitTrächtigkeitLaktationWachstum
A (I.E.)150225300300300
D (I.E.)3030
  • 30 (bis Ende 7. Trächtigkeits-monat)
  • 50 (ab 8. Trächtigkeitsmonat)
50

50 – 110 (1. Lebenshalbjahr 110, dann Absinken auf 50 bis zum 3. Lebensjahr)

E (mg)55-305-105-1010
KEine Versorgungsempfehlung für Pferde ist aktuell nicht in Zahlen auszudrücken.

 

I.E. = Internationale Einheiten; in Anlehnung an die Versorgungsempfehlungen für Pferde der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie, 2014

 

Beispiele für die Versorgungsempfehlungen:

Freizeitpferd, 300 kg:

  • Vitamin A 10.813 I.E./Tag (= 150 I.E. x 300 kg0,75)
  • Vitamin D2.163 I.E./Tag (= 30 I.E. x 300 kg0,75)
  • Vitamin E  360 mg/Tag (= 5 mg x 300 kg0,75)

 

Freizeitpferd, 600 kg:

  • Vitamin A 18.185 I.E./Tag (= 150 I.E. x 600 kg0,75)
  • Vitamin D 3.637 I.E./Tag (= 30 I.E. x 600 kg0,75)
  • Vitamin E  606 mg/Tag (= 5 mg x 600 kg0,75)

 

Sportpferd, 600 kg:

  • Vitamin A  27.277 I.E./Tag (= 225 I.E. x 600 kg0,75)
  • Vitamin D  3.637 I.E./Tag (= 30 I.E. x 600 kg0,75)
  • Vitamin E  1.200 – 3.637 mg/Tag (= 10 bzw. 30 mg x 600 kg0,75)

 

Zuchtstute, 9. Trächtigkeitsmonat, 600 kg:

  • Vitamin A 36.369 I.E./Tag
  • Vitamin D 6.062 I.E./Tag
  • Vitamin E 1.200 mg/Tag

Vitamin A (und ß-Carotin)

Vitamin A ist am Sehprozess beteiligt und besonders für das Immunsystem sowie die Reproduktion und Regeneration von Haut und Schleimhaut wichtig. Während der Weidezeit ist die Vitamin-A-Versorgung gesichert, spätestens ab Dezember jedoch benötigen Pferde eine Vitamin A- bzw. ß-Carotinergänzung. Allerdings kann man Vitamin A durchaus überdosieren.

Was ist eigentlich Vitamin A?

Vitamin Afindet der Pflanzenfresser Pferd in seiner natürlichen Nahrung nicht. Stattdessen nimmt das Pferd ß-Carotin mit der Nahrung auf, aus dem im Pferdeorganismus dann Vitamin A gebildet wird. Vitamin A umfasst eine Gruppe von Substanzen, die alle eine gleich gerichtete biologische Aktivität aufweisen.

Aufgabe im Organismus

Vitamin A ist beteiligt am Sehprozess, der Differenzierung von Körperzellen und Immunabwehr, spielt auch in der Reproduktion und im Knochenstoffwechsel eine wichtige Rolle und hat Einfluss auf die Expression von Genen.

Vitamin A wird zudem auch als „Epithelschutzvitamin“ bezeichnet und sorgt für die Widerstandsfähigkeit nicht nur in den Reproduktionsorganen, sondern auch der äußeren Haut und sichert eine physiologische Funktion der Schleimhäute, sowohl im Magen-Darm-Trakt, Harntrakt als auch, wie bereits angesprochen, in den Reproduktionsorganen.

Vitamin-A-Versorgung

Vitamin A wird im Pferdeorganismus aus seiner Vorstufe, dem Provitamin β-Carotin, gebildet. In der Dünndarmschleimhaut wird β-Carotin aufgespalten und zu Vitamin A synthetisiert. Theoretisch möglich wäre die Bildung von 2 Molekülen Vitamin A aus einem Molekül β-Carotin, real ist die Umwandlungsrate allerdings geringer. β-Carotin hat zudem eine eigenständige Funktion: bei der Stute wird β-Carotin in den Eierstöcken gespeichert, damit haben ausreichend mit β-Carotin versorgte Stuten eine verbesserte Aktivität der Eierstöcke, eine deutlichere Rosse und verbesserte Fruchtbarkeit. β-Carotin kommt als sogenanntes Carotinoid in grünen Pflanzen vor. Die Aufnahme von β-Carotin ist auf der Weide bei jungem Gras hoch, im älteren überständigen Gras sinken die Werte bereits deutlich, so dass das Angebot selbst auf der Weide zu niedrig sein kann. Der Gehalt im Heu nimmt mit der Ernte und Lagerzeit dramatisch ab. Daher benötigen Pferde spätestens ab Dezember entweder β-Carotin oder Vitamin A in Form einer Vitaminergänzung.

Auch Karotten enthalten mit 25.000 I.E. Vitamin A keine unwesentlichen Mengen. Da das Vitamin allerdings als Provitamin Betacarotin vorliegt, ist eine Überdosierung nicht möglich. Hartnäckig hält sich das Gerücht, Vitamin A könnte nur bei gleichzeitiger Ölfütterung verdaut werden. Glücklicherweise ist jedoch Pferdefutter auch ohne die zusätzliche Gabe von Öl nicht fettfrei. Heu enthält z. B. 2 % Fett. Somit kann zwar Öl zusätzlich zu Möhren gefüttert werden, für die Verdauung von Betacarotin ist es aber nicht zwangsweise notwendig.

Stuten in Trächtigkeit und Laktation haben einen doppelt so hohen Bedarf an Vitamin A bzw. β-Carotin im Vergleich zum Freizeitpferd. Fohlen fehlt der Vitamin-A-Speicher nach der Geburt. Sie sind daher auf eine Vitamin A-reiche Milch der Stute angewiesen. Stuten, die bereits in der Trächtigkeit mit β-Carotin supplementiert werden, weisen einen höheren Retinolgehalt (Vit. A) in der Milch zur Versorgung der Fohlen auf. Ihre neugeborenen Fohlen zeigen zudem eine verbesserte Immunabwehr, eine höhere Vitalität und weniger häufig Durchfälle. Bei Stuten kann durch eine gezielte β-Carotin-Zulage die Rosse optimiert werden, d. h. die Bedeckungshäufigkeiten werden gesenkt, weil die Stuten eine perfekte Rosse zeigen.

Bei einem Vitamin-A-Mangel steigt die Infektanfälligkeit vor allem der mit Schleimhaut ausgekleideten Organe (z. B. Auge und Lunge), die Haut verhornt und die Hufe werden brüchig. Zusätzlich verschlechtert sich das Sehvermögen (Nachtblindheit, Augenerkrankungen) und das Wachstum sinkt. Bei Zuchtstuten treten Fruchtbarkeitsstörungen auf.

Aber auch zu viel Vitamin A ist problematisch: Bei einem Überschuss treten raues Haarkleid, gesenkter Muskeltonus sowie Ataxie und Störungen der Knochenbildung (Hyperostosen) auf. Langfristig sollten 1.000 I.E. Vitamin A pro kg KGW/Tag nicht überschritten werden. Evtl. treten auch schon früher nachteilige Wirkungen auf. Im Gegensatz zu Vitamin A kann man mit β-Carotin keine Überversorgung verursachen, da aus β-Carotin bedarfsangepasst Vitamin A synthetisiert wird.

Vitamin D

Vitamin D ist wichtig für die Aufnahme von Calcium und Phosphor sowie für die Knochenmineralisierung. Pferde benötigen nur wenig Vitamin D und sind über sonnengetrocknetes Heu in der Regel bereits ausreichend versorgt. Besonders wichtig ist eine optimale Versorgung mit Vitamin D für wachsende Pferde. Doch Vorsicht: Wird zu viel Vitamin D3 gefüttert, kann es zu Verkalkung von Niere, Sehnen und Gefäßen kommen.

 

Was ist eigentlich Vitamin D?

Der Oberbegriff für die D-Gruppe der Vitamine sind die Calciferole (Vitamin D). Vitamin D2 (Ergocalciferol) findet sich in sonnengetrocknetem Heu und ist auch die Form von Vitamin D, die aus der Vorstufe in der Haut durch UV-Bestrahlung (Aufenthalt an der Sonne) gebildet wird. Um Vitamin D2 (Ergocalciferol) in seine biologisch aktive Form, Vitamin D3 (Cholecalciferol), umzuwandeln, ist ein weiterer Stoffwechselschritt notwendig. Mit Hilfe von Leber und Niere wandelt der Körper Ergocalciferol (D2) in Calcitriol (aktive Form D3) um. In Futtermitteln wird meist direkt Vitamin D3 eingesetzt.

Aufgabe im Organismus

Vitamin D hat in bedarfsgerechter Dosierung 3 Wirkungen:

  • Es fördert die Calcium(Ca)- und Phosphor(P)-Aufnahme im Darm
  • Es veranlasst die Niere, weniger Calcium auszuscheiden (also Calcium zu sparen)
  • Es aktiviert die Einlagerung von Calcium und Phosphor in das Knochengewebe

Vitamin-D-Versorgung

Die Versorgungsempfehlungen für Pferde sind gering, da Pferde nur geringe Mengen Vitamin D benötigen. Lediglich junge Tiere im Wachstum erhalten höhere Mengen Vitamin D, um die Knochenmineralisierung zu unterstützen. Gleiches kann bei Knochenerkrankungen zeitweise sinnvoll sein. Bei Ergänzungsfuttermitteln für gesunde Pferde sind jedoch grundsätzlich hohe Gehalte auf dem Etikett keineswegs nur als vorteilhaft zu sehen. Pferde mit schweren Nierenerkrankungen sollten zum Beispiel sicherheitshalber überhaupt kein zusätzliches Vitamin D3 über Ergänzungsfutter erhalten. Vitamin D2 findet sich besonders in sonnengetrocknetem Heu, kaum in Getreide oder jungem Gras. Wird D2 aufgenommen, kann der Körper nach Bedarf daraus Vitamin D3 herstellen. Eine Überversorgung an D2 ist also beim Pferd nicht möglich.

 

Vitamin-D-Mangel beim Pferd?

Es gibt Anzeichen dafür, dass sich der Stoffwechsel und die biologischen Funktionen von Vitamin D beim Pferd in vielerlei Hinsicht von denen anderer Säugetierarten wie Menschen, Schweinen oder Ratten unterscheiden. So würden beispielsweise die Plasmaspiegel von Calcidiol und Calcitriol von gesunden Pferden bei Menschen oder Schweinen eindeutig als mangelhaft gelten. Und insgesamt fehlen eindeutige Berichte über Vitamin-D-Mangelerscheinungen sowohl bei erwachsenen Pferden als auch bei Fohlen. Insofern ist die Notwendigkeit einer Vitamin-D-Supplementierung über die natürlichen Gehalte des Futters und UV-Bestrahlung hinausgehend fraglich, dennoch werden aus Sicherheitsgründen begrenzte Mengen an Vitamin D empfohlen (siehe Tabelle 3). D2 findet sich vorwiegend in den Blättern von sonnengetrocknetem Heu. Verfütterung von stängeligem Heu bewirkt eine deutlich geringere Aufnahme an D2 und noch anders sieht das bei künstlich getrocknetem Heu oder Gras-/Heucobs aus, und nicht jedes Pferd hat genügend Aufenthalt in der Sonne.

 

Vitamin-D-Überschuss beim Pferd?

Wissen wir einerseits sehr wenig über einen Mangel, so wissen wir andererseits sehr genau, dass das Pferd gegenüber hohen Vitamin-D-Gaben sehr empfindlich ist!

Bereits aktives Vitamin D3 kann auf der Weide im Goldhafer (einem goldgelben Süßgras, welches sich besonders auf feuchten, kalk- und nährstoffreichen Böden findet und häufig bis zu 5 % in Gräseransaatmischungen eingesetzt wird) aufgenommen werden. Goldhafer ist sehr schmackhaft, aber für das Pferd tatsächlich zu den Giftpflanzen zu zählen. Er enthält ein calcinogenes Glykosid (vergleichbar Calcitriol), also einen aktiven Vitamin-D3-Metaboliten, der im Körper ohne weitere Metabolisierung seine Wirkung entfaltet. Bekommt das Pferd davon zu viel, kann es zu Verkalkungen von Niere, Blutgefäßen und Sehnen kommen. Die Pferde zeigen dann wechselnde Lahmheiten und Nierenfunktionsstörungen (trinken und harnen viel, wirken schlapp).

An dieser Stelle sei angemerkt, dass eine Vitamin-D-Vergiftung mit vergleichbarer Ausprägung auch durch die Gabe verschiedener vitaminisierten oder ungeeigneter Mineral- und Ergänzungsfutter ausgelöst werden kann. Daher sollten Herstellerangaben genau gelesen werden und keine wilden Kombinationen mehrerer Präparate verschiedener Hersteller gegeben werden.

Tägliche Gabe von 3.300 I.E./kg KM (1.980.000 I.E. bei 600 kg Körpergewicht) führten bei Pferden nach 4 Monaten zum Tod. Wir denken, dass der vom NRC angegebene obere sichere Versorgungslevel von 44 I.E. pro kg Körpergewicht, das wären bei einem Pferd von 600 kg Körpergewicht maximal 26.400 I.E. am Tag oder der 5-fache Tagesbedarf (siehe Tabelle) nicht dauerhaft überschritten werden sollte, das wären bei einem Sportpferd von 600 kg sogar nur rund 18.000 I.E. pro Tag.

 

Vitamin E

Vitamin E wird im Körper als wichtiges Antioxidans benötigt. Besonders wichtig ist es für die Funktion der Muskulatur. Daher profitieren besonders Sportpferde und Pferde mit Muskelstoffwechselproblemen, wie PSSM, von einer höheren Versorgung bis zum 6-fachen des Bedarfs eines gesunden Freizeitpferdes. Auch wenn in frischem Gras relativ viel Vitamin E enthalten ist, sinkt der Gehalt im Heu durch Trocknung und Lagerung so stark, dass ohne eine Ergänzung von Vitamin E die Versorgung auch beim Freizeitpferd nicht mehr gesichert ist. Öl in der Fütterung erhöht den Vitamin-E-Bedarf ebenfalls.

Was ist eigentlich Vitamin E?

Vitamin E umfasst eine Gruppe unterschiedlicher Substanzen, Tocopherole und Tocotrienole, wobei in der Natur mehrere unterschiedliche Tocopherole vorkommen, die alle griechische Buchstaben tragen: α-, β-, γ-, δ-Tocopherol. Das wichtigste Tocopherol der Natur ist das in der RRR-Isomer-Form vorliegende D-α-Tocopherol. Seine biologische Aktivität ist am höchsten, wird somit auf 100 % gesetzt, das synthetische DL-α-Tocopherol besitzt eine biologische Aktivität von 74 %.

Aufgabe im Organismus

Vitamin E schützt die Zellbestandteile (insbesondere der Zellmembranen) vor reaktionsfreudigen Sauerstoffradikalen in den Zellen (Antioxidantien). Vitamin E ist damit für den Schutz und die Funktion von insbesondere Geweben mit hohem Sauerstoffumsatz, so z. B. Herz- und Skelettmuskulatur, unentbehrlich. Die antioxidative Wirkung trägt auch dazu bei, dass die Erbinformationen jeder Zelle (sog. Nukleinsäuren) bei der Zellteilung (d. h. Zellerneuerung) unbeschadet weitergegeben werden, damit Struktur und Funktion der neu entstehenden Zellen auch korrekt sind. Diese Reaktionsfreudigkeit mit Sauerstoff führt aber auch dazu, dass Tocopherole beiLuftzutritt sehr instabil sein können. Vitamin E wird in der Futtermittelindustrie auch als Zusatzstoff verwendet, um z. B.  empfindliche Nährstoffe wie Vitamin A oder ungesättigte Fettsäuren vor Oxidation und Inaktivierung zu schützen. Diese antioxidative Funktion übernimmt es also sowohl im Futter als auch im Organismus unserer Pferde. Da man Vitamin E kaum überdosieren kann (erst eine Überversorgung um den Faktor 20 des Erhaltungsbedarfs wird nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als nachteilig angesehen), sollte weniger die Sorge vor einer Überdosierung als vielmehr das Sichern einer Bedarfsdeckung im Vordergrund stehen.

Bei einem Vitamin-E-Mangel kommt es zu erhöhtem oxidativen Stress und dadurch zu einem höheren Verschleiß in der Muskulatur sowie zu einer erhöhten Infektanfälligkeit, vor allem wenn gleichzeitig zu wenig Selen (das ebenfalls antioxidativ wirkt und deshalb Vitamin E einspart) gefüttert wird.

Vitamin-E-Versorgung beim Pferd

Vitamin E ist im Grünfutter reichlich enthalten. Steht ein Pferd mindestens 6 Stunden bei > 10 cm Aufwuchs auf der Weide, ist der Vitamin-E-Bedarf für Erhaltung gedeckt. Für Sportpferde werden Zuschläge zum Schutz der Muskulatur benötigt, wenn die Tiere körperlich mittlere bis schwere Arbeit leisten. Auch wenn Heu getrocknetes Gras ist, enthält es durch das Schneiden, Trocknen und Lagern deutlich weniger Vitamin E als Gras (siehe Tabelle 1). Mit Heu allein kann keine ausreichende Vitamin-E-Versorgung mehr aufrechterhalten werden.

Für Sie einmal in Zahlen ausgedrückt (Berechnungsgrundlage Tabellen 1 und 3):

Ein 600 kg schweres Pferd hat einen täglichen Vitamin-E-Bedarf für Erhaltung von 5 mg x 600 kg0,75 = 606 mg Vitamin E pro Tag. Es bekommt täglich 12 kg Heu, multipliziert mit 50 mg wären das 600 mg Vitamin E, das würde für den Erhaltungsbedarf nur knapp reichen. Durch die Lagerung geht das Vitamin E teils zu 100 % verloren. Dann ist die Rechnung klar: Ohne Vitamin-E-Ergänzung reicht es in der Stallsaison nicht aus. Die Gefahr für oxidativen Stress in der Muskulatur steigt (schlechtere Erholung der Muskulatur nach Belastung, Verspannungen). Steht dasselbe Pferd dagegen 6 h auf einer grasreichen Weide (> 10 cm Aufwuchs), nimmt es rund 31 kg Gras auf und damit 31 kg Gras x 50 mg (Vitamin E pro kg), also insgesamt 1.550 mg Vitamin E, das sieht schon besser aus und reicht für leicht arbeitende Pferde aus.

Überprüfen können Sie die Vitamin-E-Versorgung Ihres Pferdes am besten mit einer Rationsüberprüfung. Sie zeigt die Lücken einer Fehlversorgung für alle Nährstoffe am besten auf, auch für die anderen fettlöslichen Vitamine. Alternativ kann Vitamin E im Plasma bestimmt werden. Plasma-Vitamin-E-Werte < 0,5–1 mg/l gelten nach heutigem Stand der Wissenschaft als zu knapp und machen eine Rationsüberprüfung und Anpassung der Vitamin-E-Zufuhr erforderlich.

Vitamin E bei Öl-Fütterung

Bekommen Pferde Öle gefüttert, sollte die Versorgung um rund 1 mg Vitamin E/1 ml Öl erhöht werden. Warum? Besonders Öle mit vielen ungesättigten Bindungsstellen (z. B. die essenziellen und wertvollen Öle mit Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren) werden im Körper oxidiert. Dabei wird Vitamin E verbraucht, um die dabei entstehenden Sauerstoffradikale abzufangen. Ölfütterung ist als Energieergänzung gut, nur muss die Vitamin-E-Versorgung darauf abgestimmt sein. Es empfiehlt sich daher, Öle zu verwenden, die bereits hohe natürliche Gehalte an Tocopherolen mitbringen, um den Mehrbedarf an Vitamin E abzufangen. Unser Magnopower® liquid enthält daher besonders viele Tocopherole und Tocotrienole.

Für welche Pferde ist Vitamin E besonders wichtig?

Eine Unterversorgung mit Vitamin E kann zu einem erhöhten oxidativen Stress und dadurch zu einem höheren Verschleiß in der Muskulatur führen. Genau dieser hohe Sauerstoffumsatz in der Muskulatur erklärt auch, warum sowohl Sportpferde als auch Pferde mit PSSM Typ 1 und 2 (Muskelerkrankungen unterschiedlicher Ausprägung) deutlich höhere Vitamin-E-Gehalte über das Futter aufnehmen sollten. Für ein 600 kg schweres Pferd sind das mindestens 10 mg x 600 kg0,75 = 1.212 mg Vitamin E pro Tag. In aktuellen Studien werden sogar 3.600 mg (600 kg Pferd) empfohlen.

Auch die Infektanfälligkeit steigt an, insbesondere wenn zusätzlich Selen fehlt. Ganz wichtig ist die bedarfsgerechte Versorgung mit Vitamin E (und Selen) bei trächtigen Stuten. Ist diese zu gering, können Fohlen mit Schwäche und Saugunlust geboren werden. Diese sogenannte Weißmuskelkrankheit, wie der Name schon sagt, betrifft die Fohlenmuskulatur und kann lebensbedrohlich sein. Eine ausreichende Versorgung der Stute ist daher sehr wichtig.

Vitamin K

Vitamin K ist im Körper vor allem für die Blutgerinnung und den Knochen- und Knorpelstoffwechsel wichtig. Vitamin K wird im Dickdarm des Pferdes gebildet und ist auch in Gras enthalten. In der Regel benötigen Pferde (bei Weidegang zumindest) keine Vitamin-K-Ergänzung. Anders sieht das bei reiner Heufütterung aus, denn der Vitamin-K-Gehalt im Gras nimmt durch Licht und Sauerstoffeinwirkung nach dem Schneiden schnell ab.

Was ist eigentlich Vitamin K?

Alle Moleküle mit Vitamin-K-Aktivität leiten sich von 2-Methyl-1,4-Naphthochinon ab. Wir unterscheiden Vitamin K1, K2 und K3.

  • Vitamin K1 kommt in grünen Pflanzen vor.
  • Vitamin K2 wird im Darm von Pferden von Bakterien synthetisiert und ist auch in Fleisch, Eiern und fermentierten Milchprodukten (Joghurt, Käse) enthalten.
  • Vitamin K3 ist ein synthetisches Vitamin, das nicht den gleichen Bauplan wie die natürlich vorkommenden hat.

Aufgabe im Organismus

Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung, gesunde Blutgefäße, die Bildung wichtiger Fette für Zellbestandteile im Gehirn (sog. Sphingolipide) und nicht zuletzt für den Knorpel- und Knochenstoffwechsel. Vitamin K steuert unter anderem die Funktion von fünf Proteinen in Knochen und Knorpel.

Vitamin-K-Versorgung

Über frisches Gras und die Synthese durch die Mikroflora im Dickdarm sind die Pferde in der Regel ausreichend mit Vitamin K versorgt. Im Heu allerdings sinkt der Gehalt im Verlauf der Lagerung. Dennoch geht man davon aus, dass Pferde über die körpereigene Synthese von K2 im Dickdarm ausreichend mit Vitamin K versorgt sind. Eine Versorgungsempfehlung für Vitamin K gibt es fürs Pferd aktuell nicht.

Pferden mit Gelenk- und Knochenerkrankungen profitieren häufig von einer zusätzlichen Versorgung mit K1 über ein Ergänzungsfutter.

Literaturverzeichnis

Geor, R. J., Coenen, M., & Harris, P. (2013). Equine applied and clinical nutrition: health, welfare and performance. Elsevier Health Sciences.

Geyer, H. & Schulze, J. (1994) The long-term influence of biotin on hoof horn quality in horses. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 136(4): 137-149.

Coenen, M., & Vervuert, I. (2019). Pferdefütterung. Georg Thieme Verlag.

Reilley, J.D., Cottrell, D.F., Martin R.J. und Cuddeford, D.J. (1998) Effect of supplementary dietary biotin on hoof growth and hoof growth rates. Equine Veterinary Journal, Suppl. 26, 51-57.