Dünnes Pferd - Untergewicht erkennen und managen

Sehr dünnes Pferd auf einer Wiese
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Ist ein Pferd zu dünn, stellt sich zunächst einmal die Frage, ob es zu wenig Futter bekommt, gesundheitliche Probleme hat oder z. B. durch Stress sehr viel Energie verbraucht. Besonders häufig führen Magen- und Zahnprobleme sowie Würmer dazu, dass das Pferd entweder wenig frisst oder die Energie aus seinem Futter nicht vollständig aufnehmen kann. Bei schnellem oder stetigem Gewichtsverlust ist daher immer der Rat eines Tierarztes einzuholen, um Grunderkrankungen auszuschließen. Zusätzlich sollte eine Rationsüberprüfung durch Tierärzte mit der Spezialisierung Pferdefütterung durchgeführt werden, um zu kalkulieren, was dem Pferd unterm Strich wirklich an Energie zur Verfügung steht.

Grundsätzliches zur Fütterung

Aus Heu gewinnen Pferde den größten Teil ihrer Energie, daher ist besonders die tatsächlich gefressene Heumenge interessant. Wird sehr viel Kraftfutter gefüttert, fressen Pferde aufgrund des begrenzten Volumens im Verdauungstrakt weniger Heu. Häufig unterschätzen die BesitzerInnen die Energiegehalte der verwendeten Futtermittel, denn Heu ist nicht gleich Heu und auch Kraftfutter gibt es in unterschiedlichsten Energiestufen, von energiearm bis energiereich. Das wohl energiedichteste Ergänzungsfutter zu Heu und Kraftfutter ist Öl.

Nachstehend finden Sie ein Beispiel für eine Tagesration eines Pferdes, welches bedarfsgerecht mit Mikronährstoffen versorgt werden soll, jedoch eine Energiezulage von 30 % zusätzlich zu leichter Arbeit (60 min tägliches Reiten, davon ca. 20 Minuten Trab und Galopp) erhalten soll.

Beispiel einer Tagesration, angegeben als Richtwerte je 100 kg Körpergewicht:

2 kg Heu / 100 kg Körpergewicht

330 g Hafer / 100 kg Körpergewicht

250 g energiereiches getreidefreies Futter / 100 kg Körpergewicht

50 g Magnoturbo® / 100 kg Körpergewicht

3x 10 ml Öl / 100 kg Körpergewicht

10 g Magnolythe® S100/ 100 kg Körpergewicht

Beispiel einer Tagesration für ein Pferd (600 kg):

12 kg Heu

2 kg Hafer

1,5 kg energiereiches getreidefreies Kraftfutter

300 g Magnoturbo®

3x 60 ml Öl

60 g Magnolythe® S100

Ursachen von Untergewicht

Auf die Frage, warum ein Pferd zu dick ist, finden die BesitzerInnen häufig schneller eine Antwort: „Weil Energiezufuhr und Energieverbrauch offensichtlich nicht zusammenpassen.“ Und genauso verhält es sich auch, wenn ein Pferd zu dünn ist. Jedes Pferd kann aufgefüttert werden. Dazu muss aber zunächst die Ursache für das Untergewicht gefunden und abgestellt werden und anschließend die Fütterung passend gestaltet werden.

Die Differenz an Energie zwischen der durch Futter aufgenommen Energie und der verbrauchten Energie (z. B. für Wärmeregulation, Wachstum, körperliche Arbeit, Zucht, Stress) entscheidet maßgeblich über die Fettabdeckung des Körpers. Zu dünne Pferde nehmen also entweder über ihr Futter zu wenig Energie auf oder sie verbrauchen zu viel Energie.

Im ersten Schritt muss ermittelt werden, wie viel Kilogramm wovon Ihr Pferd tatsächlich frisst und ob die Energie daraus dem Bedarf entspricht oder nicht. Besonders wichtig sind dabei die tatsächlich gefressene Heumenge und die Qualität des Heus. Zwischen dem Energiegehalt eines energiearmen Heus (später Schnitt) und eines energiereichen Heus (früher Schnitt) liegen mitunter sage und schreibe bis zu 70 % Unterschied. Über Heu nehmen Pferde jedoch den größten Teil ihrer Energie auf. 1 kg Heu (mittlerer 1. Schnitt) enthält so viel Energie wie 500 – 700 g Hafer. Ein Kilogramm mehr oder weniger macht also tatsächlich einen großen Unterschied. Nähere Informationen zu Heusorten finden Sie unter. Beispielrationen für Ihr Pferd können Sie mithilfe unseres Musterrationsberechners selbst berechnen.

Hindern gesundheitliche Probleme, wie z. B. Würmer, Probleme beim Kauen (z. B. abgenutzte oder schmerzende Zähne, Kiefergelenksprobleme), Magengeschwüre, Darmentzündung oder eine gestörte Darmflora, das Pferd daran, die aufgenommene Nahrung optimal zu verdauen, bleibt die eigentlich enthaltene Energie teilweise ungenutzt. Ein geeignetes Entwurmungsmanagement, eine regelmäßige Zahnkontrolle und eventuell weiterführende Diagnostik zur Magen-Darm-Gesundheit Ihres Pferdes sollten Sie also auf dem Schirm haben.

Auch der Energiebedarf kann höher sein als angenommen. Wie beim Menschen gibt es auch bei Pferden Individuen, die Futter schlechter verwerten (schwerfuttrig). Eigentlich wird die Futtermenge anhand des Pferdetyps (leicht- oder schwerfuttrig), Optimalgewicht und Leistung (Reproduktion, Wachstum oder Arbeit in Form von Bewegung) zugeteilt. Hat ein Pferd allerdings z. B. Stress, bewegt sich auf der Koppel oder im Offenstall sehr viel oder friert, steigt der Energiebedarf.

Behandlung: Fütterungsfehler beheben

Können Würmer, Zahn-, Magen-Darmprobleme und weitere gesundheitliche Ursachen ausgeschlossen werden, entspricht die bisher aufgenommene Energiemenge anscheinend nicht dem Bedarf des Pferdes. Zum Zunehmen braucht ein Pferd vorübergehend mehr Energie als es verbraucht. Die Ration sollte, sobald das Optimalgewicht erreicht ist, wieder reduziert werden, denn aus „zu dünn“ soll am Ende nicht „zu dick“ werden.

Wichtig ist vor allem, wie viel Heu gefressen wird/gefüttert werden kann. Zu dünnen Pferden empfehlen wir mindestens 2 kg Heu / 100 kg Körpergewicht von blattreicher Qualität. Fressen Pferde zu wenig Heu (schlechte Heuqualität oder zu viel Kraftfutter) oder kann im Stall nicht ausreichend Heu gefüttert werden, ist es sinnvoll, die fehlende Menge durch Heuersatzprodukte (z. B. Heucobs, Luzernecobs, Rübenschnitzel) auszugleichen. Die Darmflora leidet, wenn zu wenig verdauliche Fasern aus Heu in den Dickdarm gelangen. Eine nicht optimale Darmflora kann Heu weniger effektiv verdauen. Auch ein schmerzender Magen kann unsere Pferde daran hindern, mit Appetit ausreichend Heu aufzunehmen. Typische auslösende Faktoren für Magengeschwüre beim Pferd sind Fresspausen über 4 Stunden, große Mengen stärke- und zuckerreichen Kraftfutters, hohe körperliche Trainingsbelastungen, Medikamente und Stress unterschiedlichster Ursache (Sozialstress, Überforderung, Transporte u. a.).

Über die Koppelsaison nehmen die meisten Pferde in der Regel zu, denn Gras ist ein sehr schmackhaftes, energiereiches Futter, immer verfügbar und bis Mitte des Sommers gut verdaulich, während spätsommerliche Aufwüchse ungeeignet sind, um Substanz aufzubauen (totes, überständiges, energiearmes Gras). 4 Kilogramm junges Gras ersetzen ungefähr 1 kg Heu. Wie viel Gras ein Pferd pro Stunde frisst, hängt vom individuellen Fressverhalten und dem Bewuchs der Koppel ab. Mit Hilfe unserer Tabelle zur Grasaufnahme kann ungefähr abgeschätzt werden, wie viel Gras ein Pferd auf der Koppel aufnimmt. Zu dünne Pferde dürfen zusätzlich zu ihrem bisherigen Futter gerne auf die Koppel gehen, eine Futterreduzierung ist bei diesen Pferden nicht notwendig, es kann aber sein, dass von allein etwas weniger Heu gefressen wird.

Zusätzliche Energie durch Krippenfutter

Bei der Wahl des Kraftfutters sollte auf einen hohen Energiegehalt(>12 MJ (DE), bzw. >11 MJ (ME)) bei geringem Volumen geachtet werden. Das Volumen des Verdauungstraktes ist begrenzt. Besonders der kleine Magen des Pferdes stellt ein wahres Nadelöhr des Futters auf dem Weg in den Darm dar. Wird viel Kraftfutter gefüttert, ist der Magen abrupt gefüllt und die Pferde fressen weniger Heu. Kraftfutter sollte auf mindestens 2 – 3 Mahlzeiten am Tag verteilt angeboten werden. Das schont den Magen und die Darmflora.

Bei magengesunden und nicht besonders zuckerempfindlichen Pferden (PSSM, Cushing) eignet sich Hafer.

Besonders wenig Volumen bei viel Energie liefert Öl. 300 ml Öl enthalten ca. so viel Energie wie 1 kg Hafer. Die Ölmenge, die Pferde auf einmal verdauen können, ist aber aufgrund der fehlenden Gallenblase begrenzt. Der Einsatz von Öl in der täglichen Ration sollte zudem langsam über 2 Wochen gesteigert werden, um die Pferde schrittweise an Ölfütterung zu gewöhnen. Es empfiehlt sich mit 5 ml Öl/100kg KGW pro Mahlzeit zu beginnen. Tagesmengen von > 15 ml/100 kg Körpergewicht sind auf mindestens 2 Mahlzeiten zu verteilen.

Wie gut das Pferd zunimmt, lässt sich am einfachsten anhand des BCS und des Gewichtes kontrollieren.

Die Versorgung mit Mineralien, Vitaminen und Aminosäuren muss für untergewichtige Pferde wie für jedes Pferd gesichert sein (z. B. über Magnolythe® S100, Magnometabol® oder Magnomyoforte®).

Literaturverzeichnis

Meyer, H., Coenen, M. (2020). Pferdefütterung, 6., vollständig überarbeitete Auflage. Enke Verlag. Stuttgart