Gestresste Pferde verstehen

Blasmusikkapelle spielt vor der Pferdekoppel
Bildquelle:IWEST

Sie dachten immer, eine Blaskapelle wäre ein Problem für Pferde? Dann schauen Sie sich dieses Foto an: die junge Stute hatte noch nie in ihrem 3-jährigen Leben Kontakt mit einer Blaskapelle, hatte keine Trompete und keine Tuba gesehen, geschweige denn gehört. Sehen Sie Anzeichen von Stress? Die Ohren und eine absolut entspannte Nüsternpartie zeigen nichts von Stress, die Blaskapelle ist für die junge Pferdedame anscheinend eher eine interessante Abwechslung. Insbesondere die Tuba, kein Wunder bei den Tönen, die dieses Instrument erzeugt. Erfahren Sie mehr zum Thema in unserem Fachbeitrag.

Schutzfunktion Herde – Bedeutung für Stute und Hengst unterschiedlich

Wie ginge es demselben Pferd aus dem Bild oben wohl auf seinem ersten Turnier? Sie denken, mit dieser "coolen Socke" bestimmt kein Problem? Weit gefehlt, das ist nämlich gar keine coole Socke, sondern eine sehr sensible junge Dame, die sich lediglich in dieser ungewohnten Situation in ihrer Herde, unter dem Schutz der Leitstute (die auch ihre Mutter ist und sie deshalb aufgrund der Geburt eine herausragende Stellung unter den Jungstuten einnimmt) absolut sicher fühlt und das typische Verhalten einer ranghohen jungen Stute in Sicherheit zeigt: Neugierde! Doch würde man diese junge Stute allein in einen Hänger packen und aufs Turnier fahren, geriete diese vermeintlich coole Socke sofort in einen Megastress.

Haben Sie sich auch schon gefragt, wieso die ersten Transporte und Turnierbesuche insbesondere für Stuten – im Vergleich zum Wallach oder gar Hengst – mitunter so schwierig und stressig sein können? Die Erklärung ist einfach, aber sie lautet nicht – wie oft zu hören ist "Stuten sind halt zickig!".

Stuten haben evolutionsbiologisch in der Pferdegesellschaft eine besondere Aufgabe: In der Herde ist die (Leit-)Stute die absolute Sachverständige in Sachen Sicherheit. Sicherheit ist ausschließlich Stutensache. Droht Gefahr für die Herde, so entscheidet die Leitstute über die Frage "fight or flight". Der Hengst kümmert sich darum, im Falle der Flucht Nachzügler aufzufordern und die Herde vor dem Angreifer abzusichern. Stuten leben mit einem Hengst in einer Herdengemeinschaft, die am ehesten als enger Familienverbund zu verstehen ist.

Der junge Hengst muss irgendwann (dafür sorgen der Althengst und die Stuten, so wird Inzucht vermieden) die Herde verlassen und schließt sich dann in der Regel anderen Junghengsten an, die gemeinsam in einem Verbund leben, den man am ehesten vielleicht als Junggesellenclub bezeichnen könnte. Im Gegensatz zum Familienverband ist bei den Jungs die Bindung untereinander recht locker und der Chef dieses Clubs hat nichts anderes im Sinn, als die Kumpels zu verlassen und selbst eine Herde zu gründen. Vielleicht findet sich ja eine Jungstute an der Peripherie einer Herde (die vom Althengst, der meist der Vater ist, nicht mehr verteidigt wird), die somit "entführt" werden kann, und ein guter Anfang wäre gemacht. Bei diesem Vorhaben findet er jede Unterstützung bei seinen Kumpels, denn ist der Ranghöchste weg, rückt der Nächste aus dem Club nach. Lebenslange Freundschaft, bzw. das tiefe Band der Familie, die trifft man im Junggesellenclub nicht an, hier handelt es sich eher um eine Zweckgemeinschaft.

Damit erklärt sich rasch, weshalb unsere neugierige Jungstute allein in einem Hänger oder auf dem Turnier so viel mehr Stress erlebt: Sie hat ihre Familie und jeden Schutz verloren! Der Junghengst hätte vermutlich zwar zunächst auch Stress auf dem Hänger (zumindest, solange er noch keine Erfahrung damit hat), aber sobald er auf dem Turnier wieder andere Pferde um sich hat, kräht er in der Regel voller Begeisterung seine Anwesenheit heraus und schaut sich interessiert und hoffnungsvoll um, ob nicht irgendeine der anwesenden Damen ihm evtl. folgen wollte. Die Stute in derselben Situation leidet entweder stumm oder ruft verzweifelt nach ihrer besten Freundin. Hören Sie mal genau hin, Wiehern kann sehr ausdrucksstark sein!

Fohlen stressfrei Absetzen

In der Wildpferdeherde haben Fohlen nicht nur ihre Mutter, sie haben auch zusätzlich mindestens eine "Tante", die beste Freundin der Mutterstute, die sich, ebenso wie die Mutterstute, um den Schutz des Fohlens kümmert. Die Stute säugt ihr Fohlen mindestens, bis das neue Fohlen geboren ist (oft sogar noch, je nach Nahrungsangebot, nachdem das neue Fohlen bereits auf der Welt ist), und speziell Stutfohlen sind dann als Jährlinge oder Zweijährige gleich zusätzliche Aufpasser für das neugeborene Fohlen.

Evolutionsbiologisch betrachtet ist damit der bei uns übliche Absetztermin von sechs Monaten, oder oft sogar noch jünger, definitiv wider die Natur. Das wird ganz deutlich durch die Tatsache unterstrichen, dass spätere Kopper diese Stereotypie meist in Zusammenhang mit dem Absetzen entwickeln. Sie verlieren ihren natürlichen Schutz und haben entsprechend Megastress. Egal, wie viele andere Fohlen in der neuen "Herde" vorhanden sind, es ist keine Herde, es ist genau betrachtet allenfalls eine Ansammlung von plötzlich schutzlos gewordenen Pferdekindern, die sich schlecht und recht aneinander orientieren können und ansonsten hilf- und führungslos in einer Gemeinschaft leben.

Manche Züchter setzen die Fohlen ab, indem sie die Mutterstuten nach und nach, je nach der Entwicklung der Fohlen, aus der Herde nehmen und eine oder zwei den Fohlen vertraute, ältere bzw. nicht tragende Stuten bei den Fohlen belassen. Eine für die Fohlen deutlich stressfreiere Vorgehensweise, denn die verbleibenden Stuten schenken den (evolutionsbiologisch zu früh verwaisten) Pferdekindern weiterhin Führung und Sicherheit. Und das lohnt sich, denn der Faktor Stress führt bei rd. 50 % der Fohlen zu Magenproblemen mit teils hochgradigen, schmerzhaften Magengeschwüren. Das Absetzen sollte daher möglichst stressfrei gestaltet werden. Seitens der Fütterung sollte folgendes beachtet werden:

in der Zeit vor und nach dem Absetzen (jeweils mindestens 2 Wochen) füttert man am besten…

  • Heu oder Gras zur freien Aufnahme
  • Kein stärkehaltiges Kraftfutter (also z. B. kein Getreide)
  • Magnoguard (35 g / 100 kg KGW) als Magenschutz
  • Magnostar® und Magnofine® können weiter gegben werden
  • Als Krippenfutter eignen sich eingeweichte Rübenschnitzel und Luzernecobs

Pferde sind hochsoziale Tiere mit festen Spielregeln

Evolutionsbiologisch sind unsere Pferde eigentlich nicht für die Arbeit und den Sport gemacht. Ihr Körper und ihre Psyche sind auf ständige ruhige Fortbewegung und Nahrungsaufnahme in der Gemeinschaft ausgerichtet. Im Leben eines Pferdes nimmt zudem die soziale Interaktion eine große Rolle ein. Liebevolles social grooming fällt hier jedem ein, aber das ist längst nicht die gesamte soziale Interaktion.

Haben Sie sich mal gefragt, wie es, ohne massive Verletzungen oder Tote zu riskieren, möglich ist, dass eine Wildpferdeherde von jetzt auf gleich in Hochgeschwindigkeit wohlgeordnet fliehen kann, ohne dass die Pferde sich dabei gegenseitig anrempeln und verletzen oder gar Fohlen überrannt werden? Denn: Wäre eine geordnete Flucht nicht gewährleistet, es gäbe keine Pferde mehr, so oft wie eine Pferdeherde in freier Wildbahn vor Angreifern fliehen muss.

Das Geheimnis ist ein "Spiel" mit dem überlebenswichtigen Inhalt "Mein-Platz-Dein-Platz". Dieses spielen Pferde vom ersten Lebenstag an und wenn wir Vertrauen zu unseren Pferden aufbauen wollen, erweisen wir uns bei Kenntnis der Spielregeln als für unsere Pferde hervorragende und zuverlässiger Partner. Pferde werden in uns nie einen Artgenossen sehen, so einfältig ist kein Pferd. Aber sie können sich uns freiwillig anschließen und eine gewisse Partnerschaft mit uns eingehen.

Dazu müssen wir unseren Pferden bei jedem Umgang, an jedem Tag durch unser Handeln vermitteln, dass wir

  • klug entscheiden,
  • gute Freunde sind, die
  • ihr Spiel kennen und selbst spielen und
  • Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen können.

Die angesprochenen Spielregeln sind relativ simpel:

  • Wer einen Platz für sich beansprucht, beansprucht damit gleichzeitig eine bestimmte Stellung in der Herde
  • Wer ohne Einladung in diesen Platz eindringt, ist entweder in der Rangordnung höher oder wird sofort korrigiert
  • Wer im Rang höher steht, genießt etliche Vorrechte, aber hat auch automatisch mehr Verantwortung (für die Sicherheit)
  • Wer nicht den Kopf in Front hat, bzw. wessen Augen/Stirn weiter hinten sind, muss ausweichen

Der letzte Punkt ist übrigens die Erklärung, weshalb Pferde im Pulk durchstarten können, ohne sich gegenseitig zu verletzen: Der hintere muss darauf achten, ob der Vordere (in der Regel das höherstehende Pferd) plötzlich die Spur wechselt und blitzschnell ausweichen. Für uns Menschen eine wichtige Erkenntnis: Kommt mein Pferd beim Führen mit den Augen vor meine Schulter, ist mein Pferd für die Sicherheit zuständig und übernimmt die Führung. Ist mein Pferd hinter meiner Schulter, beanspruche automatisch ich die Führungsposition, bestimmt also der Mensch das Tempo und die Richtung. Folglich wird mein Pferd aufpassen, wohin ich mich bewege. In dieser Position bin ich absolut sicher, doch in dieser Führungsrolle habe ich auch die komplette Verantwortung für die Sicherheit.

Es ist daher spannend eine Pferdeherde zu beobachten: Dieses "Mein-Platz-Dein-Platz-Spiel" wird täglich geübt. Vom ersten Lebenstag an bis ins hohe Alter. Achten Sie einfach einmal darauf: Ein Pferd kommt herangeschlendert, ein anderes Pferd weicht sofort aus, im Idealfall, ohne dass wir auch nur irgendein Anzeichen von Drohgebärde sehen. Pferde haben in einer Herde ihren klar definierten Platz. Eine Stute kann in der Wildbahn nur Leitstute werden, wenn sie Fohlen hatte, denn die Leitstute muss nicht nur besonders klug sein, sondern auch mütterlich fürsorglich. Insofern kann man dieses ruhige Weichen insbesondere gegenüber Mutterstuten sehen, Maidenstuten (erstgebährende Stuten) müssen sehr viel öfter die Ohren anlegen, um sich beim Anspruch auf den eigenen Raum Respekt zu verschaffen.

Stress durch Herdenverantwortung – Stuten anfälliger als Wallache?

In freier Wildbahn gibt es keine Wallache. Pferde sind dort entweder Hengste, die mit Stuten in einem Familienverbund leben (oder im Junggesellenclub) oder Stuten, die, abgesehen von den Jungstuten, in lebenslänglicher Gemeinschaft leben. Bei unseren Hauspferden nimmt der Wallach daher eine Sonderstellung ein. Manche Wallache erinnern sich noch erstaunlich gut an ein Leben vor der OP, manche können ganz unkompliziert gemeinsam mit Stuten gehalten werden. Ist nur eine Stute vorhanden, so wird diese die Verantwortung für die Sicherheit der Wallache oder auch nur eines Wallachs übernehmen, was für die Stute extrem anstrengend werden kann, weil sie sich den Job nicht mit einer anderen Stute teilen kann.

Entsprechend häufig treffen wir bei diesen einzeln gehaltenen Stuten Magengeschwüre an, was insofern leicht verständlich wird, bedenkt man, dass diese Stute innerlich nie zur Ruhe kommt, da sie immer aufpassen muss. In manchen Offenstallhaltungen wird darauf reagiert, indem Stuten und Wallache in jeweils getrennten Gruppen gehalten werden. Für den Wallach ist die Anwesenheit einer Stute (ganz besonders wenn es eine erfahrene Mutterstute ist) natürlich die Garantie für ein sicheres Leben, für die Stute ist es – sofern sie allein mit dem Wallach lebt – eventuell Dauerstress, auch in der ruhigsten Haltung.

Pferde beanspruchen ihre Individualdistanz

Pferde, so wissen wir jetzt, spielen ständig dieses "Mein-Platz-Dein-Platz"-Spiel, auch unsere Hauspferde. In den Raum, den die Leitstute, oder auch ein in der Herdenrangfolge höherstehendes Pferd für sich beansprucht, darf kein Pferd ohne explizite Einladung eindringen. Dieser Raum wechselt ständig in seiner Größe. Es ist spannend zu beobachten, dass situationsbedingt mitunter eine große Distanz beansprucht wird, kurz darauf eine geringere Distanz. Nur haben wir leider keine je nach Raumanspruch automatisch wandernden Boxenwände. Das bedeutet, dass bei einer Haltung, die dies unzureichend berücksichtigt, möglicherweise zwei Pferde in Stress geraten: Das eine, weil der Nachbar auf Aufforderung nicht sofort weicht. Das andere, weil es durch die Boxenwand am Ausweichen gehindert wird, obwohl es die Aufforderung durchaus verstanden hat und selbst dringend weichen möchte.

Eskaliert die Situation, tritt Pferd Nummer 1 aufgebracht mit angelegten Ohren und gekräuselter Maul-/ Nüsternpartie gegen die Wand oder beißt in die Gitter. Ein Verhalten, das man bei Pferden, die ausweichen können, höchst selten beobachten kann, allenfalls, wenn ein Pferd unaufgefordert, frech und impertinent in den beanspruchten Platz eingedrungen ist und auf normale Aufforderung nicht weichen wollte. Pferd Nummer 2 quetscht sich dann hilflos an die Boxenwand. Zu Futterzeiten kann man das besonders häufig beobachten und spätestens dann sollte man überlegen, die Box entsprechend zu tauschen. Fressen ist nur der letzte Trigger, der dieses Verhalten auslöst. Dass die beiden von der Hierarchie her nicht zusammenpassen, ist ein Dauerzustand, der – graduell unterschiedlich – für ständigen Stress sorgt.

Im Offenstall könnte man mitunter den Eindruck gewinnen, bei Pferden herrsche eine Hackordnung wie im Hühnerhof. Das stimmt nicht, Pferde sind extrem soziale Lebewesen. Den Stress, den wir mitunter in (Offen-)Stallhaltung sehen, gibt es bei Wildpferden nicht. Der Grund ist simpel: Wir Menschen verknappen in unserer Pferdehaltung natürliche Ressourcen und begrenzen den Raum und damit ändern wir automatisch ihr Verhalten, weil das Normalverhalten leider nicht mehr in dem natürlichen Ausmaß gelebt werden kann. Vorbei diese kleine subtile Aufforderung mit dem Ohr oder der Maul-/Nüsternpartie, auf die jedes Pferd sofort reagieren würde.

Pferde stehen in freier Wildbahn im Futter und natürlich bestimmen die ranghöheren Pferde, entsprechend ihren Vorrechten, auch wo sie fressen wollen, die anderen weichen. Ganz anders sieht das evtl. im Offenstall aus, in dem die Pferde ihr Heu z. B. mittels Transponder im Heustand abholen. Hat ein ranghöheres Pferd für seine persönlichen Bedürfnisse noch nicht genügend Heu gefressen, bleibt er nach Abholung seiner Heuportion dennoch weiter am Heustand, weil er gerne wieder hineinkäme und der Rangniedere muss vor ihm weichen und kommt – trotzdem der Transponder ihm den Stand sofort öffnen würde, nicht in den Fressstand, und damit nicht zum Heu fressen. Kein Wunder also, wenn die laut Transponder zur Verfügung stehende Heumenge von diesem Pferd gar nicht abgeholt wird. Oft wird darauf nur insofern reagiert, als man den Transponder zu verringerter Heuaufnahme umprogrammiert, weil das Pferd seine zugedachte Menge nicht abgerufen hat. Bei der Haltung ohne Transponder werden zu wenige Heuraufen oder zu geringer Platz an den Raufen zum selben Problem, das auch durch zusätzliche Strohraufen naturgemäß nur mangelhaft gelöst werden kann und zudem die Gefahr einer Verstopfung durch vermehrte Strohaufnahme bei den rangniedrigeren Pferden birgt.

Stressfaktor Pferdetransport

Vorab: Transport bedeutet großen Stress für Pferde, ganz besonders natürlich für junge, unerfahrene Pferde. Aber auch bereits transporterfahrene Pferde, wie z. B. altgediente Turnierpferde, werden durch Transporte in Stress versetzt. Es wurden mittlerweile etliche Studien durchgeführt, die Transportstress beim Pferd untersucht haben. Was die Studien an transportunerfahrenen Pferden (mit wiederholten Transporten) zeigten, ist:

  • Anstieg Stresshormon: Es kam beim Transport zum sofortigen und deutlichen Anstieg des Speichelkortisols, welches während des Transportes erhöht blieb und erst 2 Stunden nach Abladen auf den Ausgangswert zurückkehrte
  • Gewöhnung an Stress braucht Zeit: Die Speichelkortisolantwort lässt zwar schnell nach mit wiederholtem Transportieren, trotzdem liegt noch deutlicher Anstieg auch bei Gewöhnung an Transporte vor
  • Herzfrequenz erhöht: Bis 90 min nach Abladen war ein schnellerer Herzschlag zu messen
  • Unregelmäßiger Herzschlag: Die RR-Intervalle (Herzschlagvariabilität) waren während des ersten Transportes deutlich mehr verringert als bei den darauffolgenden

Weitere Studien zeigen ein im Prinzip gleiches Ergebnis bei routinierten Sportpferden, denn: Transport ist ein wesentlicher Stressor im Leben eines Pferdes!

Gründe für Stress beim Transport:

  • Isolation von Herdenmitgliedern
  • Neue und beängstigende Umgebung (Geräusche, Gerüche, wechselnde Lichtverhältnisse, Immobilität etc.)
  • Belastung durch Pathogene (Staub, Schimmelpilze, Mikroben etc.)
  • Einschränkung normaler Beschäftigungs-/Aktivitätsmuster (Fluchtinstinkt wird komplett unterbunden)
  • Zwangsannahme einer unnatürlichen Haltung (Kopf hoch angebunden)
  • Muskelmehrbelastung durch Ausbalancieren während der Fahrt
  • Futter-/Wasserentzug
  • Auferzwungene Nähe zu unbekannten (evtl. aggressiven) Pferden

 

So kann man Transportstress reduzieren:

  • Gewöhnung an den Hänger und üben kurzer Fahrten (anfangs z. B. mit erfahrenem, ruhigen Partnertier)
  • Schmackhaftes Heu/Heulage zur freien Aufnahme anbieten (Kauvorgang entspannt das Pferd)
  • Körpereigene Serotoninsynthese anregen (häufig bezeichnet als Glückshormonbildung) durch die Gabe von unserem Magnoquiet®
  • Im Hänger für gute Luftzirkulation sorgen, Pferde nicht zu stark durch Gamaschen einschränken und die Haltung des Pferdes mit Hilfe einer Kamera überwachen (manche Pferde stehen sehr breit mit der Hinterhand zum Ausbalancieren und benötigen daher eine flexible Trennwand statt einer festen Holztrennwand)
  • Studien zeigen zudem, dass Pferde im Hänger gern rückwärts zur Fahrtrichtung stehen

Pferde können am Geruch des Mistes (und der kann alt sein!) noch den Stresslevel anderer Pferde riechen, denn das Stresshormon Cortisol findet sich im Blut, im Speichel, aber auch im Kot. Daher sollte alter Mist gestresster Pferde entfernt werden. Auch Gerüche nach dem Transport anderer Tierarten oder nach Blut (z. B. nachdem ein verletztes Pferd in die Klinik gefahren wurde) müssen rückstandslos entfernt werden.

Vielleicht können Sie es mal ausprobieren, ob Ihr transporterfahrenes Pferd ganz selbstverständlich und ohne das geringste Zögern in einen Hänger steigt, in dem zuvor ein gestresstes oder verletztes Pferd war. Ihr Pferd wird Ihnen wahrscheinlich mitteilen, dass dieser Hänger ein Ort des Schreckens für Pferde sei und ob Sie sich wirklich ganz sicher sind, dass es einsteigen solle!

Sicherheitsbedürfnis für beide Seiten ernst nehmen

Pferde sind soziale Wesen, und ganz speziell junge Pferde, sind neugierig! Wenn wir Menschen unseren Pferden sichere und verlässliche Führung anzubieten haben und es uns dann noch gelingt, die Arbeit als (Abenteuer-) Spiel zu verkaufen, dann haben wir den Schlüssel zu einer für alle Beteiligten sicheren und erfolgreichen Ausbildung gefunden, die beiden Spaß macht. Pferde sind extrem adaptive Lebewesen, es gibt fast nichts, woran Pferde sich nicht gewöhnen könnten. Ein Pferd gewöhnt sich an fast alles, wenn sein Sicherheitsbedürfnis befriedigt ist.

So befriedigen Sie das Sicherheitsbedürfnis Ihres Pferdes:

  • Ihr Pferd muss lernen, Sie einschätzen zu können, am besten durch die immer gleiche Reaktion auf sein Verhalten (in Art und Intensität)
  • Seien Sie fair, konsequent und geduldig, in allem was Sie mit Ihrem Pferd tun
  • Akzeptieren Sie die individuelle Reizbarkeit Ihres Pferdes (z. B. gelten hoch im Blut stehende Pferde als leichter reizbar)
  • Vermitteln Sie Ihrem Pferd Sicherheit, indem Sie die Führung übernehmen und erwünschtes Verhalten stets loben

Was so einfach klingt, ist in der Praxis nicht ganz so leicht, denn für Pferde sind wir als Menschen ein extremes Sicherheitsrisiko auf zwei Beinen. Warum? Wir hören im Vergleich zum Pferd extrem schlecht, unsere Augen haben keine Rundumsicht und wir riechen auch nur einen Bruchteil dessen, was ein Pferd riechen kann. Unsere Reaktionszeit ist langsamer und im Laufen sind wir auch nicht besonders gut. Kurzum wir verfügen nach Kenntnis unserer Pferde weder über funktionierende Sinnesorgane, noch können wir schnell fliehen. Und mit dieser Hypothek verlangen wir von unserem Pferd (das diese Mängel in wenigen Sekunden feststellt) dann Gehorsam und Vertrauen. Nun ist die Leitstute in der Herde mitunter auch nicht mehr die fitteste, dennoch vertrauen ihr alle Pferde, weil sie konsequent und fair ist. Wie das funktioniert? Sie ist in der Regel die Klügste und sie ist mütterlich. Sie trifft gute Entscheidungen, ist unmissverständlich in ihrer Körpersprache und fürsorglich.

Pferde sind sehr aufmerksam und spüren unsere Energie sehr genau. So geraten wir häufiger „in Streit“ mit unseren Pferden, wenn wir selbst gestresst oder aus einem völlig anderen Grund verärgert sind. Eine befreundete Verhaltensforscherin pflegte zu sagen: "Achten Sie auf Ihre Gedanken, Ihr Pferd könnte Ihnen zuhören." Genau darum geht es: Die eigenen Erwartungen und Gefühle zu ordnen und alle Handlungen unter dem Aspekt abzuklopfen, etwas "für" das Pferd zu tun, nicht zu überlegen, was das Pferd für uns tun soll. Arbeit soll dem Pferd Freude bereiten. Passt die Ausrüstung, stimmt das Vertrauen in unsere Führung, sind wir angstfrei und positiv "drauf", dann wird unser Pferd gerne mit uns arbeiten, denn wir befriedigen in dem Fall das Bedürfnis nach sozialer Interaktion und Sicherheit.

Was verursacht Stress?

Unser Produktfazit

Die Arbeit mit Pferden ist eine anspruchsvolle und fordert Mensch und Tier nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Wir als Hersteller können Ihnen nur Gedanken und Empfehlungen mit auf dem Weg geben sowie Sie im Rahmen der Fütterung mit unseren Produkten Magnoquiet® und Magnocalm® unterstützen.

Tryptophan und Magnoquiet®

Tryptophan ist eine essenzielle Aminosäure, das heißt, sie muss über die tägliche Nahrung aufgenommen werden. Im Zentralnervensystem wird dann das aufgenommene Tryptophan zu Serotonin umgewandelt. Serotonin ist als sogenanntes Glückshormon für den kompletten Gemütszustand verantwortlich. Stress führt (zugleich mit der erhöhten Adrenalinausschüttung) zu einem Mehrverbrauch an Nährstoffen, die dann für die ausreichende Serotoninbildung fehlen. Fortdauernder Stress, der aus Lebenssituation und langfristig belastenden Faktoren resultiert, führt zu einer generell reduzierten Serotoninproduktion, sodass letztlich die andauernde Belastung selbst wieder zum Stressfaktor wird. Überhöhte Erregung, erhöhte Aggressivität, Überempfindlichkeit, Lernschwäche und Stressintoleranz sind die Folge.

Serotonin entspannt, beruhigt und macht fröhlich, ist also der körpereigene "Stimmungsaufheller". Darüber hinaus sind manche B-Vitamine Coenzyme enzymatischer Reaktionen in der Stressbewältigung, deren Verfügbarkeit gewährleistet sein sollte. Unser Magnoquiet® bietet aus diesem Grund einen hohen Gehalt an Tryptophan und hohe Gehalte an stressabschirmenden B-Vitaminen, mit dem Ziel Stressreaktionen zu vermindern und die Stressbewältigung Ihres Pferdes zu unterstützen.

Magnesium und Magnocalm®

Lange Zeit galt Magnesium als das Allheilmittel für schreckhafte Pferde. Tatsächlich führt ein Magnesiummangel zu einem schreckhaften Pferd. Bei nicht pferdegerechten Fütterungen aus 6 kg Hafer und 6 kg Heu, ohne Mineralstoffergänzung, ist tatsächlich ein Magnesiummangel zu erwarten, auch wenn man anzweifeln könnte, dass dieser bei einer solchen Fütterung der einzige Grund für ein nervöses Pferd ist. Wieso ein Magnesiummangel schreckhaft macht und welche Nährstoffbilanzen ebenfalls zu einem nervösen Pferd führten, erfahren Sie in unserem Fachartikel Immer Ruhe mit den (jungen) Pferden!.

Da bei über 2 kg durchschnittlichem Heu je 100 kg Körpergewicht der Magensiumbedarf bereits gedeckt ist, kommt bei unseren heutigen heubasierten Rationen ein Magnesiummangel deutlich seltener vor. Lediglich bei einem frühen Schnitt einer intensiv gedüngten Wiese kann die Magnesiumversorgung knapp werden. Aus diesem Grund sollte ein Mineralfutter genügend Magnesium enthalten, um die Versorgung für diesen Fall sicherzustellen.

Doch kann man feststellen, ob ein Pferd mit Magnesium ausreichend versorgt ist, möglichst, bevor es schreckhaft wird? Und welche Magnesiumverbindungen sind geeignet, um einen Mangel auszugleichen?

Leider ist Blut ein Transportmedium und daher nur unzureichend geeignet, um die Magnesiumversorgung zu überprüfen. Erst eine extreme Über- oder Unterversorgung verändert den Magnesiumgehalt im Blut (MEYER 2014). Etwas genauere Ergebnisse liefert der Blutwert, wenn er in Kombination mit den Gehalten im Urin beurteilt wird (NRC 2007). Um sicherzugehen, dass Ihr Pferd ausreichend mit Magnesium versorgt ist, gilt daher die Rationsberechnung nach wie vor als Goldstandard. Denn: Leider empfiehlt es sich nicht dauerhaft viel Magnesium zu füttern, da Darm- und Harnsteine entstehen können und die Aufnahme von Calcium und anderen Mineralien beeinflusst wird. Außerdem kann auch ein Überschuss zu einem Ionenungleichgewicht und somit zu einem nervigen Pferd führen.

Um Ihr Pferd mit Magnesium zu versorgen, sind organische (z.B. Aspartat oder Proteinat) und anorganische (Oxid, Sulfat oder Carbonat) Magnesiumverbindungen sehr gut geeignet. Auch in der Natur kommen alle diese Bindungsformen vor. Da die Datenlage für Pferde insgesamt aber noch sehr dünn ist, empfiehlt es sich, nicht nur auf eine Bindungsform zu setzen, sondern eine Kombination zu verwenden.

Unser Magnocalm® enthält Magnesiumoxid und Magnesiumaspartat. Die (vorübergehende) Gabe von Magnocalm® gleicht einen tatsächlich bestehenden Magnesiummangel aus. Um einen Magnesiummangel allerdings gar nicht erst entstehen zu lassen, empfehlen wir die Fütterung von mindestens 10 g je 100 kg Körpergewicht einer unsere Mineralstoffergänzungen.

Produktempfehlungen zum Thema

Magnoquiet®
Unsere durchdachte natürliche Unterstützung von Ruhe, Gelassenheit und Souveränität.
Magnocalm®
Behebung nervenaufreibender Magnesiummängel
Literaturverzeichnis:
  • Friend, T.H., (2001), A review of recent research on the transportation of horses. Journal of Animal Science, Volume 79, Issue suppl_E.
  • Harrington, D. D., Walsh, J. J.,(1980), Equine magnesium supplements: Evaluation of magnesium oxide, magnesium sulphate and magnesium carbonate in foals fed purified diets. Equine Veterinary Journal, 12, 32-3.
  • Meyer, H., Coenen, M., (2014), Pferdefütterung, 5. vollständig überarbeitete Auflage, Enke Verlag, Stuttgart.
  • NRC (2007), Nutrient requirements of horses, 6th rev. ed., National Academy Press, Washington D.C.
  • Schmidt, A., Hödl, S., Möstl, E., Aurich, J., Müller, J. and Aurich, C., (2010), Cortisol release, heart rate, and heart rate variability in transport-naive horses during repeated road transport. Domestic Animal Endocrinology, 39, 205–213.