Fohlen und die Bedeutung der Fütterung der tragenden Stute

Tragende Stute, Bildquelle: Christiane Slawik

Aufzuchtbedingte Skelettschäden lassen sich vermeiden, wenn Faktoren, die Einfluss auf die Entstehung von Gelenkserkrankungen haben, ernst genommen werden. Diese sind im Wesentlichen Trauma, Bewegung, Fütterung, Hormone, Genetik und Wachstum.

Der Traum vom Top-Athleten auf vier Hufen

Welcher Pferdezüchter träumt ihn nicht: den Traum vom Top-Athleten. Doch wie oft lässt eine Ankaufsuntersuchung diesen Traum zerplatzen? Störungen im Bereich des Skelettes, wie Strahlbeinerkrankungen (Hufrolle), Gleichbeinveränderungen oder auch osteochondrotische Veränderungen (Störungen der Umwandlung von Knorpelgewebe in gesundes Knochengewebe während des Wachstums) mit Chips, stellen die sportliche Zukunft des vielversprechenden Youngsters früh in Frage.

Zu Warmblutpferden liegen Untersuchungen aus dem Holsteiner Zuchtgebiet vor. Demnach finden sich osteochondrotische Veränderungen im Bereich der Gelenke bei Fohlen bis zum Alter von sechs bis sieben Monaten: 43% der geröntgten Fessel- und Sprunggelenke wiesen krankhafte Veränderungen auf. Der Zeitpunkt für die Entstehung wird zwischen dem 3. und 5. Lebensmonat gesehen.

Eine an 220 Absetzern durchgeführte Studie von Heinz 1993 ergab ähnliche Zahlen, wonach rund 49% aller geröntgten Gelenke krankhafte Veränderungen aufwiesen. Thomson untersuchte dieselben Fohlen wie Heinz dann als Jährlinge und der Prozentsatz der osteochondrotischen Veränderungen bzw. isolierten Verschattungen hatte nun 62% erreicht. Dieselben 220 Pferde wurden wieder ein Jahr später geröntgt (Kirchner 1996) und die Zahl pathologischer Gelenkveränderungen war dann auf rund 90% angestiegen.

Die erschreckend hohen Zahlen dürfen keinesfalls dahingehend interpretiert werden, Holsteiner hätten besonders häufig Skeletterkrankungen. Die Zahlen wären in jedem anderen Zuchtgebiet dieselben, würden dort ebenfalls Reihenuntersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse der Ankaufsuntersuchungen sind unabhängig vom Brandzeichen ähnlich!

Dass die Fütterung maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung eines Organismus haben muss, ist unschwer nachvollziehbar, denn schlussendlich liefert nur die Nahrung alle für gesunde Entwicklung und Ansatz von Körpergewebe nötigen Baustoffe, wie beispielsweise Eiweiß und Mineralien.

Entsprechend dem enormen Körperansatz des Fötus nach dem 200. Trächtigkeitstag muss spätestens im letzten Trächtigkeitsdrittel die Fütterung der Zuchtstute in Bezug auf Energiegehalt, aber insbesondere auch auf die quantitative und vor allem qualitative Eiweißversorgung und die ausreichende Zufuhr an Mineralstoffen wie auch Spurenelementen überdacht werden. Der Bedarf steigt dramatisch an. Faustregel für die Fütterung der Mutterstute im letzten Trächtigkeitsdrittels ist das Anheben des Energiegehaltes auf etwa das 1,3-Fache und des Eiweiß-, Mineralstoff-und Spurenelementangebotes (hier in erster Linie Kupfer) sogar auf das 1,5-Fache des Erhaltungsbedarfes.

Eine Unterversorgung der Mutterstute mit Calcium (50% des Bedarfes) führte in wissenschaftlichen Untersuchungen zu um 15% verringerten Geburtsgewichten und zudem zu Störungen der Skelettentwicklung. Letztere treten allerdings auch bei mangelhafter Versorgung mit Spurenelementen (insbesondere Kupfer) auf. Um zu vermeiden, dass Fohlen bereits mit irreversiblen Skeletterkrankungen auf die Welt kommen, ist größte Sorgfalt in der Rationsgestaltung der Mutterstute ein Muss. Zu beachten ist auch eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen, da neugeborene Fohlen über keinerlei Reserven an Vitaminen, insbesondere Vitamin A und E verfügen.

Saugfohlen entwickeln sich rasant

Die sehr hohe Wachstumsrate des Fötus im letzten Drittel der Trächtigkeit beschleunigt sich nach der Geburt sogar noch. Bereits zwei Monate nach der Geburt erreichen Saugfohlen rund 25% ihres endgültigen Körpergewichtes, nach einem halben Jahr sind schon rund 50% des späteren Endgewichtes und rund 75 bis 80 % der zu erwartenden Widerristhöhe erreicht.

Tägliche Zunahmen von rund 500g im ersten Lebensmonat, ansteigend auf rund 800g im Alter von einem halben Jahr, zeigen eindrucksvoll, dass unzureichende Nährstoffversorgung in diesem Zeitraum verheerende Auswirkungen auf die Gesamtentwicklung und insbesondere auch auf die Skelettgesundheit haben muss.

Alterseinteilung und Durchschnittsgewichte von Pferdeföten

Alter in TagenGewicht in kg
2057,5
23612,9
27429,0
30131,5
33354,1

(nach H. Meyer 1976)

 

Um ausreichend Milch für das ungestörte Wachstum ihres Fohlens bilden zu können, steigt der Nährstoffbedarf der Mutterstute nach der Geburt gewaltig an. Auch wenn gutes Heu die Grundlage der Fütterung bleibt, muss dem nun extrem hohen Energie- und Eiweißbedarf über ausreichende Mengen an dafür geeignetem Krippenfutter entsprochen werden. Heu und Hafer allein reichen nicht mehr aus, um die Nährstoffabgabe über Milch (Eiweiß, Energie, Mineralien, Spurenelemente) zu decken. Hier ist ein qualitativ hochwertiges Zuchtfutter bzw. Ergänzungsfuttermittel für Zuchtstuten gefordert, das ausreichende Versorgung mit Eiweiß (essenziellen Aminosäuren), Fettsäuren, Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen sichert. Ein Mangel an essenziellen Aminosäuren (insbesondere Lysin und Methionin) senkt nicht nur die Milchmenge, sondern auch den Eiweißgehalt der Milch, das heißt, die Fohlen entwickeln sich in dem Fall notgedrungen entsprechend schlechter!

Auch wenn sich nach der stürmischen Entwicklung im ersten Lebenshalbjahr der Körperansatz bis zum Ende des ersten Lebensjahres etwas verlangsamt, haben Fohlen bis dahin rund 90% ihrer zu erwartenden Widerristhöhe (ausgewachsen) und – je nach Aufzuchtbedingungen – bereits 65 bis 70% des zu erwartenden Endgewichtes erreicht. Zwischen dem sechsten Monat und seinem ersten Geburtstag setzt ein Warmblutfohlen mit einem Endgewicht ausgewachsen von 600 kg rund 100 kg Körpermasse an.

Eine der kritischsten Phasen im Leben eines Pferdes ist das Absetzen! So bereitet die Trennung von der Mutter naturgemäß enormen Stress, was eindrucksvoll durch die Tatsache bestätigt wird, dass rund 90% der Kopper diese Stereotypie in Zusammenhang mit dem Absetzen entwickelt haben. Zudem ist unschwer nachvollziehbar, dass Absetzer, die zu einem Zeitpunkt abgesetzt werden, an dem sie noch nicht ausreichend Krippenfutter aufnehmen, zwangsläufig einen massiven Entwicklungseinbruch erleiden müssen und damit verbunden bei diesen Absetzern entwicklungsbedingte Erkrankungen ansteigen.

Das Absetzen so stressfrei wie nur möglich zu gestalten und die Fohlen nicht einfach abzusetzen, weil sie ein bestimmtes Alter erreicht haben, sondern erst dann abzusetzen, wenn sie ausreichend Krippenfutter aufnehmen, ist Grundvoraussetzung, um diese besonders sensible Phase zu begleiten. Die eingangs erwähnte Studie bestätigt dies mit der Zunahme der Skeletterkrankungen bei Jährlingen und Zweijährigen. Bedenkt man, dass osteochondrotische Veränderungen zunächst im Röntgenbild nicht darstellbar sind (unzureichende Darstellbarkeit des Knorpels) sondern sich erst später radiologisch manifestieren, so ist der Aufzuchtzeitraum nach dem Absetzen trotz deutlich verlangsamter Körperentwicklung ganz sicher nicht weniger sensibel als die Entwicklung im Mutterleib und die des Saugfohlens.

Der Stoff, aus dem die Knochen sind

Die frühen embryonalen Knochenanlagen bestehen zunächst nur aus Knorpel. Die weitere Knochenentwicklung ist – vereinfacht dargestellt – ein ständiger Umbauprozess in Form von Einlagerung von Mineralien (hauptsächlich Calcium und Phosphor, aber auch Magnesium) in diesen Knorpel. Umfang und Länge der Knorpelformation bestimmen auch später den Wachstumsprozess. Die ursprüngliche Knorpelsubstanz wird durch die zunehmende Mineralisierung und die daraus folgende Bildung von Knochenbälkchen wieder aufgelöst. An den Wachstumsfugen sind diese laufenden Umbauprozesse (Knorpelbildung, Umbau zu Knochen) während des Wachstums zu erkennen.

Jede Störung auf dem Wege des Umbaus von der ursprünglichen Knorpelgrundform in mineralisierten Knochen führt zu den gefürchteten Skeletterkrankungen beim Fohlen/Jungpferd.

Beispiele dafür sind Entzündung der Wachstumsfugen, Osteochondrosis dissecans (OCD) mit Chips, Knochenzysten usw. Die Ausgangsbasis der Skelettentwicklung ist also zunächst Eiweiß, bzw. Proteoglykane wie Aggrekan (Hauptanteil des Knorpels). Dies erklärt, dass eine unzureichende Versorgung mit Eiweiß (bzw. essentiellen Aminosäuren) Skelettschäden nach sich zieht.

Kollagen ist die Basis einer stabilen Knorpel- und Knochenmatrix. Zur Kollagensynthese aus der Nahrung wird das Enzym Lysyl-Oxidase benötigt. Ein essentieller Bestandteil dieses Enzyms ist Kupfer. Zudem hat Kupfer noch eine schützende Wirkung auf den Gelenkknorpel, da es Entzündungsreaktionen und Proteoglykanabbau hemmt. Kupfermangel bzw. eine überhöhte Aufnahme von Zink (Kupferantagonist) ist dringend zu vermeiden.

Unzureichende, oder auch nur verlangsamte Umwandlung von mineralisiertem Knorpel in tragfähigen Knochen (mit Knochenbälkchen, Trabekeln) führt zu Schwächung der Tragfähigkeit des Skelettes, Mikrofrakturen und Entzündung der Wachstumsfugen. Nur ausreichende Zufuhr von Mineralstoffen (insbesondere Calcium und Phosphor), wie auch für die Formation unerlässlicher Spurenelemente (Kupfer), sowie einiger Vitamine (nicht nur Vitamin D, sondern auch das in Pflanzen vorkommende K1) ermöglicht die ungestörte Entwicklung eines gesunden, tragfähigen Bewegungsapparates. In dieser Zeit wird die Basis gelegt für die Zukunft eines möglichen Top-Athleten.

Ohne eine den besonderen Bedürfnissen des wachsenden Organismus angepasste ausgewogene Fütterung, die weder Mängel noch extreme Überversorgungen aufweist, ist kein ungestörtes Wachstum möglich. Fohlen sind keine kleinen Pferde, die entsprechend nur kleine Mengen von Krippenfutter für große Pferde fressen, Fohlen haben entsprechend dem schnellen Wachstum enorm hohe Ansprüche an ihre Nährstoffversorgung.

Fütterung ist wichtiger als Genetik

 

Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Fütterung von mehr als 50% Krippenfutter in Form von Getreide, bzw. melassiertem Getreide oder sonstige Zuckergabe an der Gesamtfutteraufnahme zu gehäuftem Auftreten von Skelettschäden besonders bei genetisch prädisponierten Linien führt. Die Genetik ist hier eindeutig als Faktor erwiesen, allerdings kann über die Fütterung erfolgreich gegengesteuert werden.

Insulin und Thyroxin sind Gegenspieler im Organismus. Steigt der Insulinspiegel nach erhöhter Aufnahme von Stärke oder Zucker an, so fällt der Thyroxinspiegel im Blut ab. Thyroxin ist jedoch wichtig für die Chondrozytendifferenzierung (Umwandlung von Knorpel zu Knochengewebe und Blutgefäßeinsprossung) und damit für die Mineralisierung bei der Knochenbildung. Insofern sollten sicherheitshalber alle Fohlen, und nicht nur Saugfohlen, mit genetisch bedingten Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels, erst nach einem oder besser sogar zwei Monaten Krippenfutter aufnehmen.

Dieses Futter sollte 14 bis 18% Eiweiß, sowie ausreichend Calcium, Phosphor und Kupfer enthalten.

Auch nach dem Absetzen sollten die Fohlen entsprechend ihres Wachstums eiweißreiches und zuckerarmes Futter in Mengen bis zu maximal 1% ihres Körpergewichtes pro Tag erhalten. Um erhöhte Insulinausschüttung, die schlussendlich Ursache für die Skelettstörung ist, zu vermeiden, sollte das Futter auf mindestens drei Mahlzeiten verteilt werden. Nicht möglichst viel Krippenfutter, sondern die optimale Nährstoffversorgung für ungestörtes Wachstum ist das Geheimnis der Aufzucht von Top-Athleten.

Ziel in der Aufzucht muss sein, ein möglichst gleichmäßiges Wachstum auch über die kritische Phase des Absetzens hinweg zu gewährleisten und die Fohlen weder durch zu hohe Energieversorung verfetten zu lassen, noch durch Mangelernährung zu schlank zu halten. Knaap und Gerding (1999) führten Untersuchungen in Lelystad durch und konnten nachweisen, dass die Haltung bereits sehr junger Fohlen enormen Einfluss auf das Auftreten von Skeletterkrankungen nimmt. Fohlen mit ständigem Weidegang hatten deutlich geringere Skeletterkrankungen, als Fohlen, die überwiegend in der Box gehalten wurden.

Fazit

Einer der wichtigsten Faktoren für das Auftreten von Skeletterkrankungen beim wachsenden Pferd ist die Ernährung. Übermäßige Aufnahme, insbesondere an stärkereichem und auch melassiertem Krippenfutter, ist zu vermeiden. Spezielles Aufzuchtfutter, idealerweise ein Ergänzungsfuttermittel, passend zum Getreide-, Eiweiß- und jahreszeitlich verfügbarem Raufutter, das den entsprechenden Ansprüchen des Wachstums auch in Bezug auf die Versorgung mit Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen gerecht wird, ist neben ad libitum angebotenem Raufutter (blattreiches Heu, bzw. Gras) und ausreichend Bewegung die Basis einer gesunden Entwicklung. Das Verhältnis in der Gesamtration sollte für Calcium und Phosphor 1,5:1 betragen, keinesfalls unter 1:1 absinken oder umgekehrt 2,8:1 übersteigen. Das Verhältnis von Zink zu Kupfer sollte 3:1 bis 4:1 betragen.

Gleichmäßiges Wachstum muss angestrebt werden, Phasen von reduziertem Wachstum mit nachfolgend reaktiv übermäßiger Entwicklung sind ebenso zu vermeiden, wie eine zu gute Gewichtsentwicklung mit Verfetten. Die Rippen eines Aufzuchtpferdes sollten leicht tastbar, aber nicht sichtbar sein, allenfalls beim Betrachten von hinten unter einer gleichmäßigen leichten Fettabdeckung durchschimmern.

Intensive Stärke- und Zuckerzufuhr ist zu vermeiden, auf Eiweißgehalt und Eiweißqualität des Zucht- bzw. Aufzuchtfutters, bzw. des Ergänzungsfuttermittels insbesondere im Winterhalbjahr ohne Möglichkeit der Grasaufnahme muss geachtet werden. Ganztägige Bewegung sollte ermöglicht werden können. Die Beachtung dieser naturgegebenen Bedürfnisse des Pferdes in dieser besonders kritischen Lebensphase schafft die Basis für ein langes, gesundes Pferdeleben auf belastbaren Beinen.

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