Muskelaufbau bei Pferden – alles eine Frage des Trainings?

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Der Körper funktioniert nach dem Motto "use it or loose it": Was er braucht wird aufgebaut und was er nicht benötigt, wird abgebaut. Übersetzt heißt das: ohne Training werden auch keine Muskeln aufgebaut. Warum auch?

Use it or loose it!

Wenn Ihr Pferd jeden Tag 30 Minuten in Trab und Galopp in der Halle bewegt wird, baut es genau nur so viel an Muskulatur auf, wie es für diese Arbeit benötigt. Solange das Training konstant bleibt, hat dieses Pferd auch keinen Grund seine Muskeln zu verstärken und somit auch keinen erhöhten Bedarf an Eiweiß bzw. Aminosäuren. Gefütterte Muskelaufbauprodukte werden in diesem Fall naturgemäß ungenutzt wieder ausgeschieden. Wenn Sie aber zusätzlich damit anfangen, im Gelände sehr viel bergauf und bergab zu gehen, werden Sie nach einigen Wochen eine Veränderung der Muskulatur feststellen: Der Körper passt sich an die neue (Mehr-) Belastung an. Zuwachs an Muskulatur bedeutet naturgemäß immer auch einen erhöhten Bedarf an Proteinen.

Je nach Fütterung können einzelne Aminosäuren knapp werden. In dem Fall muss der Körper entscheiden: nutze ich das vorhandene Eiweiß für lebensnotwendige Stoffwechselleistungen und Ersatz von Organgewebe oder für mehr Muskulatur. Sie können sich denken, wie die Entscheidung fällt. In manchen Fällen, wie z.B. bei Fütterung von sehr spät geschnittenem Heu oder bei Pferden, die mit Heu knapp gehalten werden, können auch ohne erhöhten Bedarf einzelne Aminosäuren fehlen. Um den Stoffwechsel und den Ersatz lebenswichtiger Zellen (Blut, Ersatzgewebe von Organen etc.) am Laufen zu halten, mobilisiert der Körper dann sogar umgekehrt zusätzliche Aminosäuren aus der Muskulatur. Das Pferd verliert in dem Fall Muskulatur, ohne für Sie ersichtlichen Grund.

Andersherum funktioniert dieses Prinzip (leider) auch. Bei einem Pferd, das z.B. aufgrund einer Verletzung Boxenruhe hat, können Sie zusehen, wie trotz bester Versorgung mit Aminosäuren die Muskulatur verschwindet. Zumindest, wenn es nicht seinen häufig gleichzeitig vorhandenen Überschuss an Energie in Körperfett umwandelt. Fett anzusetzen geht verhältnismäßig schnell. Diese Erfahrung hat der eine oder andere vielleicht schon einmal selbst gemacht. Die Energie aus der Nahrung wird entweder in Bewegung und Stoffwechselleistungen umgesetzt oder, wenn mehr Energie über die Nahrung aufgenommen wird, als für Muskelleistung benötigt wird, in Fett umgewandelt und für schlechte Zeiten gespeichert. Dabei ist es unerheblich, ob die Energie aus Heu, Hafer, Öl, Müsli oder ähnlichem kommt. Auch im Körper gilt der Energieerhaltungssatz.

Manche Pferde haben hier einen optischen Vorteil: Sie setzen Fett vor allem im Kamm und auf der Kruppe an. Im ersten Augenblick bekommt man dann mitunter den Eindruck eines unglaublich muskulösen Pferdes und das in nur drei Wochen, ohne sich im Training mehr anstrengen zu müssen. Super. Leider sind das aber keine Muskeln, sondern gut gefüllte Depotfettspeicher. Dazu sei angemerkt, dass Übergewicht für das Herzkreislaufsystem und den Bewegungsapparat per se schon eine übermäßige Belastung darstellt und in diesem Fall hinzukommt, dass das Kammfett besonders viele Hormone bildet und die Pferde unter anderem für Hufrehe sehr anfällig macht. Stichwort ist hier EMS.

Was braucht man also, um wirklich Muskulatur aufzubauen? Das passende Training und die richtige Ernährung!

Faktoren für den Muskelaufbau:

  • Training
  • Genetik
  • Geschlecht
  • Fütterung
  • Alter

Wie sind Muskeln aufgebaut?

Muskeln setzen sich aus zahlreichen Muskelfasern zusammen. Die Anzahl der einzelnen Muskelfasern in einem Muskel ist weitgehend von Geburt an festgelegt. Mit zunehmender und regelmäßiger Belastung (Training) werden die einzelnen Fasern kräftiger (und dicker), der Gesamtmuskel nimmt an Umfang und Kraft zu. Die Muskelfasern bestehen aus kontraktilen Myofibrillen. Die Myofibrillen enthalten Proteinfädchen, die in der Lage sind, sich ineinander zu schieben. Auf diese Art verkürzt sich ein Muskel und kann Leistung erbringen. Beim Skelettmuskel unterscheiden wir langsam kontrahierende Fasern (rote Muskelfasern) und schnell kontrahierende Fasern (weiße Muskelfasern).

Muskelfaserzelltypen des Pferdes

Die roten Muskelzellen werden auch Typ I oder ST-Zellen genannt. Sie sind langsam kontrahierbar, ihre Fähigkeit zur Sauerstoffaufnahme ist von allen Muskelzellen am höchsten und sie verbrennen in erster Linie (Körper-)Fett als Energiequelle. Sie haben die größte Kapazität für Ausdauerleistung und werden deshalb vorwiegend in Perioden geringer dynamischer Leistung gebraucht, wie z. B. Stehen, Schrittgehen, Traben, ruhige Galopparbeit und natürlich für die Muskelleistung eines in Versammlung arbeitenden Dressurpferdes.

Die weißen Muskelzellen lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:

Typ II A sind die sogenannten FTH-Zellen, schnell kontrahierbar mit hohem Gehalt an Sauerstoff. Sie verbrennen zwar weniger Körperfett als die ST-Zellen, ihre Hauptenergiequelle sind Kohlenhydrate (aus dem Abbau von Getreidestärke), aber auch sie nutzen Fett z.B. aus den bei der Heuverdauung entstehenden Fettsäuren zur kontinuierlichen Energiegewinnung. Diese FTH-Zellen werden vom Körper für lange ausgedehnte Arbeit in gemäßigtem Tempo, aber auch bei forcierter Aktivität wie z. B. Cantergalopp gebraucht.

TYP II B sind die Kraftfasern für harte und extrem schnelle Muskelleistung. Sie können kein Fett nutzen, sondern sind extrem mit Glykogen (Speicherform des Körpers für Glucose) gefüllt, besitzen extreme enzymatische Ausstattung für den Glykogenabbau und ermüden aber leider auch extrem schnell. Diese Muskelfasern benötigen insbesondere Rennpferde, denn diese Muskelfasern werden bei Hochgeschwindigkeiten, wenn die Atmung nicht mehr genügend Sauerstoff heran- und Kohlendioxyd abatmen kann, gebraucht.

Jedes Pferd hat alle Fasertypen. Allerdings unterscheidet sich die Zusammensetzung: Quarterhorses, die für schnelle Sprints gezüchtet wurden, haben viele weiße Muskelfasern. Pferde, die auf Ausdauervermögen auf langen Distanzen selektiert wurden, besitzen viele rote Muskelfasern.

Und genau deshalb haben Quarterhorses einen genetischen Vorteil in Sachen Muskelbildung: Weiße Muskulatur nimmt schneller an Dicke zu als rote. Deshalb sieht ein Quarterhorse schnell aus wie ein Bodybuilder, während der Warmblüter – mit dem gleichen Training – vielleicht deutlich länger braucht, um optisch Muskulatur aufzubauen. Durch Training lässt sich die Zusammensetzung der Muskelfasertypen zwar verändern, dafür braucht es aber Zeit und viel Training.

Training! Aber wie?

Um seine Kraft in Bewegung umsetzen zu können, benötigt der Muskel Sehnen, die in den Knochen verankert sind. Muskelgewebe ist sehr gut durchblutet, dementsprechend reagiert es relativ schnell auf Trainingsreize. Sehnengewebe ist vergleichsweise schlecht durchblutet (nur rund 3 bis 4% der Sehne ist an die Blutversorgung angeschlossen) und braucht somit sehr viel länger (bis zu zwei Jahre) um sich an veränderte Belastung zu adaptieren. Zieht nun der starke Muskel an der verhältnismäßig schwächeren Sehne, ist das Risiko für Verletzungen groß.

Auf der anderen Seite haben durchdacht trainierte, gut bemuskelte Pferde ein geringeres Verletzungsrisiko als untrainierte, unzureichend bemuskelte Pferde: Die Muskeln dienen als Puffer für die Sehnen. Zusätzlich geht mit vermehrtem Training auch eine bessere Koordination einher. Auch der Verschleiß an Knorpel und Knochen ist bei muskulär gut aufgestellten Pferden geringer: Ein Pferd mit schwacher Rückenmuskulatur hat keine andere Wahl, als das Reitergewicht auf seiner Wirbelsäule zu tragen. Ein Pferd mit starken Rücken- und Bauchmuskeln trägt das Gewicht auf dem aufgewölbten Rückenmuskel und schont so seine Wirbelsäule.

Es ist also durchdachtes, systematisches Training gefragt: Für nachhaltigen Muskelaufbau ist bis zu ein Jahr anzusetzen. Dabei ist sowohl der Trainingsreiz als auch die Erholung wichtig. Trainingsreiz bedeutet, einen Muskel durch Übungen – wie z.B. Klettern am Hang, versammelter Galopp, Piaffen, kleine Sprünge – bis zur Ermüdung zu trainieren. Hierbei geht es nicht darum, das Pferd stundenlang so lange im Kreis laufen zu lassen, bis es von alleine stehen bleibt, sondern mit möglichst wenig Wiederholungen einer Übung, die viel Kraft braucht, dem Muskel ein Signal zu geben, dass er stärker werden muss. Aus diesem Grund ist der Aquatrainer ein so wirkungsvolles Werkzeug für den Muskelaufbau.

Je besser ein Pferd trainiert ist, desto höher liegt dieser Reiz. Andersherum bedeutet das: Einem muskulär nicht gut aufgestellten Pferd reichen unter Umständen schon einige Trab Galopp Übergänge, um die Muskeln zu ermüden. Training darüber hinaus kann diesem Pferd psychisch und physisch schaden. Zwischen den einzelnen Übungen sollte das Pferd sich im Schritt erholen dürfen, so werden angestrengte Muskeln besser durchblutet. Außerdem ist wichtig, dass die Muskeln nicht verkrampfen: Verkrampfte Muskeln werden schlechter durchblutet, so dass es durch die verminderte Versorgung mit Nährstoffen sogar zum Muskelabbau kommen kann.

Ein Pferd, das in Aufrichtung eine Piaffe absolviert hat, sollte sich danach dehnen dürfen. Aus der beim Menschen durchgeführten Trainingsforschung wurde für Pferde lange Zeit einfach eine Erholungszeit für Muskeln von 48 Stunden übernommen. Dies ist die benötigte Zeit, um den Muskel tatsächlich zu verstärken. Inzwischen legen neuere Daten nahe, dass Pferde, insbesondere Pferde mit einem hohen Anteil weißer Muskulatur, bis zu sieben Tage benötigen, um ihre Muskeln von einer starken Belastung vollständig zu erholen. In dieser Zeit sollen Sie Ihr Pferd natürlich nicht in der Box eingesperrt lassen, normales Bewegen, Longenarbeit, Ausritte oder auch mal ein freier Tag auf der Koppel sind in dieser Erholungsphase durchaus erlaubt. Nur auf Übungen, die die ermüdeten Muskeln erneut sehr stark belasten, sollte in dieser Zeit verzichtet werden.

Durch die Fütterung kann ich den Muskelaufbau also nicht verbessern?

Ein Wundermittel, das Ihr Pferd ohne vermehrtes Training in einen Bodybuilder verwandelt, können wir Ihnen leider nicht anbieten. So funktioniert die Natur nicht, so etwas zu versprechen ist schlicht unseriös. Allerdings können Mängel in der Fütterung trotz bestem Training verhindern, dass ein Pferd optimal aufmuskelt, und man kann mit einigen Maßnahmen tatsächlich den Muskelaufbau wirkungsvoll unterstützen:

Für den Aufbau von Muskeln benötigt der Körper zunächst einmal Energie. Nicht nur bei der Muskelbewegung im Training, sondern auch bei der Synthese der Muskelproteine aus Aminosäuren wird Energie verbraucht. Wird das Pferd mit Energie unterversorgt, muss es für lebensnotwendige Stoffwechselleistungen und unumgängliche Bewegung Energie aus seinen Körperreserven gewinnen. In diesem Fall wird Ihr Pferd sich nicht nur im Training schwertun, es wird auch weniger Muskeln aufbauen, schließlich sind andere Syntheseleistungen für das Überleben wichtiger. Besteht der Energiemangel so lange, dass der eigentliche Energiespeicher, das Fettgewebe, bereits erschöpft ist, werden auch Proteine zu Energie verbrannt. Ob Sie Ihr Pferd ausreichend mit Energie versorgen, können Sie in unserem Rationsrechner überprüfen.

Auch ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel beeinträchtigt die Muskelbildung. Der Stoffwechsel ist ein sehr komplexes System mit vielen Bestandteilen. Fehlt eines dieser Zahnräder, sind einzelne Syntheseleistungen erschwert oder kommen ganz zum Erliegen. Bei einer Heu-Haferfütterung kommt es – je nach den Gehalten der Futtermittel – zu Engpässen in der Versorgung. Aus diesem Grund sollte ein hochwertiges Mineralfutter (Mengen-, Spurenelemente und Vitamine) ergänzend gefüttert werden.

Zum Muskelaufbau wird Eiweiß gebraucht. Doch Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß. Hier gibt es einiges zu beachten und den einen oder anderen Trick. Z.B. kann man mit dem Zeitpunkt der Eiweißergänzung Einfluss auf den Muskelaufbau nehmen: Mehrere Studien ergaben, dass eine Supplementierung von essentiellen Aminosäuren in optimalem zeitlichem Zusammenhang mit dem Training einen Vorteil für den Muskelaufbau bringt. Deshalb empfehlen wir Magnovital® ca. 30 Minuten vor dem Training zu füttern. So stehen in der Zeit des höchsten Bedarfs (etwa 2 bis 4 Stunden nach der Belastung) tatsächlich alle Bausteine für optimalen Muskelaufbau zur Verfügung.

Eiweiß, Protein, Aminosäuren – alles das gleiche?

Proteine (umgangssprachlich Eiweiß) sind Moleküle, die aus vielen kleinen Bausteinen, den Aminosäuren, aufgebaut sind. Diese Aminosäurenketten setzen sich unterschiedlich zusammen und werden räumlich unterschiedlich angeordnet. Auf diese Art ist es Proteinen möglich, eine Vielzahl von Funktionen im Körper einzunehmen. Als Enzyme steuern Eiweißstoffe biochemische Prozesse bei der Verdauung und im Stoffwechsel, viele Proteine haben Transportaufgaben (im Blut z.B. Transport des Sauerstoffs im Hämoglobin oder der Stoffwechselprodukte und Nährstoffe über die Plasmaproteine). Als Hormone sind Proteine Boten im Körper. Als Teil des Immunsystems leisten sie wichtige Arbeit bei der Wiedererkennung von Krankheitserregern. Jede Körperzelle enthält in ihrer Trockensubstanz rund 50% Proteine. Proteine dienen auch als wichtige Strukturelemente des Körpers, Gerüst- und Schutzeiweißstoffe der Knorpelsubstanz, der Knochen, Sehnen und der Haut und nicht zuletzt als Grundbaustein der Muskeln.

Nicht jede Aminosäure bildet der Körper selbst

Erstaunlicherweise liegen dem Eiweiß trotz der unglaublichen Vielzahl an Proteinen im Körper nur wenige Bausteine zugrunde. 21 verschiedene eiweißbildende Aminosäuren sind bisher bekannt. Je weniger Gesamteiweiß in der Nahrung vorhanden ist, um so weniger Aminosäuren sind meist vorhanden. Manche Aminosäuren können durch Umwandlung im Organismus selbst gebildet werden (die nicht essentiellen Aminosäuren), manche müssen aber unbedingt mit der Nahrung zugeführt werden, da der Organismus sie in keinem Fall selbst bilden kann. Dies sind die essentiellen, d.h. die lebensnotwendigen Aminosäuren. Fehlt nur eine einzige dieser Aminosäuren, kann das gesamte Protein nicht gebaut werden. Für ein Protein ist die am wenigsten vorhandene Aminosäure die limitierende.

Am leichtesten wird dies am Beispiel eines Fasses verständlich: Der geringe Gehalt an Lysin lässt hier z.B. als erste Aminosäure nicht zu, dass das Fass vollständig gefüllt werden kann. Lysin ist auch in der Pferdeernährung häufig die erste limitierende Aminosäure. Genau wie das Fass nicht ganz gefüllt werden kann, kann der Körper aus den vorhandenen Aminosäuren nicht alle Proteine bauen. Er baut in diesem Fall weniger wichtiges Körpereiweiß ab (in der Regel ist dies Muskulatur), um zunächst die inneren Organe und andere lebenswichtige Zellen vor Schaden zu bewahren.

Vom Maul bis zum Pferdeapfel – Was passiert mit dem Protein im Körper?

Aus dem Nahrungseiweiß wird Körpereiweiß gebildet. Die Verdauung beginnt bereits in der Maulhöhle: Durch das Kauen wird die Nahrung so aufgeschlossen, dass Verdauungsenzyme die Proteine auch erreichen können. Sogenannte Peptidasen, Verdauungsenzyme aus Magen und Pankreas, spalten die Proteine in ihre Aminosäuren, welche von der Dünndarmschleimhaut aufgenommen werden. Proteine, die so aufgenommen werden, bezeichnet man als präcaecal verdauliches Rohprotein. Allerdings gelingt dies nicht mit allen Proteinen. Manche sind z.B. in Fasern zu stark gebunden. Auch große Mengen Proteine auf einmal überschreiten schnell die Aufnahmekapazität der Schleimhaut.

Diese Proteine gelangen dann in den Dickdarm, wo sie zu flüchtigen Fettsäuren, Ammoniak, Schwefelwasserstoff und biogenen Aminen abgebaut werden. Durch diese Abbauprodukte leidet die Bakterienflora des Dickdarms, und auch die Leber wird durch die nun notwendige Entgiftung vermehrt belastet. Also Vorsicht vor Fütterung übergroßer Mengen an Eiweiß.

Durch die Dünndarmschleimhaut gelangen die Aminosäuren ins Blut und über das Blut zu ihren Bestimmungsorten. Überschüssige Aminosäuren werden in der Leber unter Energieverbrauch zu Harnstoff abgebaut und über die Nieren und den Darm ausgeschieden. Aus diesem Grund soll besonders bei leber- oder nierenkranken Pferden auf die Fütterung von möglichst wenig, aber dafür sehr hochwertigem Protein geachtet werden.

Gerade genug oder schon zu viel des Guten?

Unter Reitern besteht schon lange die Angst, Pferde mit Proteinen überzuversorgen. Tatsächlich wirkt sich zu viel Eiweiß negativ aus: der pH-Wert im Dickdarm steigt an, was die Bakterienflora nachhaltig stören kann. Es kommt zu Blähungen, Kotwasser, Durchfall und im schlimmsten Fall sogar zu Hufrehe. Außerdem kostet jedes überflüssige Gramm Protein das Pferd zudem Energie, denn schließlich müssen die überflüssigen Aminosäuren abgebaut und die dabei entstehenden Spaltprodukte ausgeschieden werden.

Aber auch zu wenig Eiweiß stellt den Körper vor Probleme. Der Mangel an einzelnen Aminosäuren wird durch Abbau von Muskulatur ausgeglichen. Dieser Stoffwechselschritt ist allerdings ebenfalls energie- und zudem zeitaufwändig. Wunden heilen langsamer und das Pferd ist anfälliger für Infekte. In Extremfällen macht sich ein Eiweißmangel im Blutbild und durch Ödeme an den Beinen und am Unterbauch bemerkbar.

Es ist also wichtig, nicht zu viel Eiweiß zu füttern, aber genauso wichtig, darauf zu achten, dass alle essentiellen Aminosäuren ausreichend aufgenommen werden können. Pferde, die sich nicht im Aufbautraining befinden, oder Pferde, die eine Erkrankung haben oder im frühen Stadium trächtig sind, benötigen wenig Eiweiß, um eiweißhaltige Gewebe zu regenerieren und Verluste über Darm, Niere und Haut auszugleichen. Deutlich höher wird der Bedarf allerdings beim Muskelaufbautraining oder im letzten Drittel der Trächtigkeit. Auch Infekte oder der Fellwechsel verbrauchen mehr Eiweiß.

Woher stammt das Eiweiß?

Mit einer inzwischen üblichen Ration von 12 kg Heu und 1,5 kg Hafer für ein Pferd von 600 kg ist der Bedarf (1 g im Dünndarm verdauliches Protein je kg Körpergewicht) an Eiweiß auch bei Arbeit bereits mehr als gedeckt. Allerdings genügt es nicht, nur auf den Gesamteiweißgehalt zu schauen: Entscheidend sind die einzelnen Aminosäuren.

Ein hier besonders wichtiger Punkt ist die Heuqualität: Handelt es sich um Heu, das spät (nach der Blüte) geschnitten wurde, wird die Versorgung mit Lysin, Methionin, Cystin und Tryptophan bereits ohne erhöhten Bedarf eng. Auch wenn von einem früher geschnittenen Heu nur 8 kg und dafür zusätzlich 4 kg Stroh und 2 kg Hafer gefüttert wird, ist die Versorgung mit Methionin z.B. schon nicht mehr gesichert.

Der Körper baut in dem Fall dann Muskulatur ab, an Muskelaufbau ist nicht mehr zu denken. Ganz eng wird es bei Pferden, die auf Grund von Erkrankungen wie EMS oder Cushing oder wegen Übergewicht mit dem Futter knapp gehalten werden. Wird hier für unser 600-kg-Pferd nur 9 kg überständiges Heu verfüttert, fehlen nahezu alle essentiellen Aminosäuren und das bei Pferden, deren Stoffwechsel schon durch die Grunderkrankung stark belastet ist. Hinzu kommt, dass das Hormonungleichgewicht den Muskelaufbau per se schon erschwert und Muskelabbau begünstigt.

Bei einer Überfütterung mit Eiweiß spielt vor allem junges Gras eine Rolle. Wie Sie die Futterumstellung von Heu auf Gras für Ihr Pferd sicher gestalten, lesen Sie in unserem Artikel zum Anweiden. Aber auch schon bevor ernsthafte Verdauungsbeschwerden auftreten, belastet jedes Gramm unnötig gefüttertes Eiweiß den Stoffwechsel.

Natürlich hat auch das Kraftfutter Einfluss auf die Eiweißversorgung:

FuttermittelRohproteinPräcaecal verdauliches 
Rohprotein
Summe essenzieller 
Aminosäuren
Lysin
Hafer12685475,7
Gerste10687373,8
Mais8564342,5
Heu9050374,8
Stroh (Weizen)32940,8
Heulage7845253
Sojaextraktionsschrot45636518028,6
Spirulina610 21426
Leinsamen218165849,2

Gramm-Gehalte in Futtermitteln je kg ursprüngliche Substanz

 

In der Tabelle sind die Gehalte an Eiweiß in Futtermitteln für das Pferd (g/kg Futtermittel) aufgeschlüsselt. Sie sehen, dass sich sowohl die enthaltene Menge an verdaulichem Eiweiß unterscheidet, als auch die Menge an der essentiellen Aminosäure Lysin. Der Anteil der essentiellen Aminosäuren macht in einem durchschnittlichen Heu 40% aus. In Stroh dagegen gerade mal 13%. Die Eiweißqualität ist bei Heu also deutlich höher. Somit müsste zur Deckung des Bedarfs dreimal mehr Stroh gefüttert werden wie Heu (bitte aufgrund des Risikos für Verstopfungskoliken nicht ausprobieren). Dabei werden zudem viele Aminosäuren mit aufgenommen, die nicht benötigt und wieder ausgeschieden werden. Leber, Niere und Darm werden also unnötig mit dem Abbau und der Ausscheidung von Eiweiß belastet.

Mais enthält im Vergleich zum Hafer geringere Mengen Eiweiß. Leider sind vor allem die essentiellen Aminosäuren Lysin, Methionin und Cystin im Mais unterrepräsentiert. Da Mais und Gerste in der Pferdefütterung häufig mit Hitze behandelt werden, um sie verdaulicher zu machen, ist der angegebene Proteingehalt höher als der dem Pferd tatsächlich zur Verfügung stehende. Aminosäuren sind empfindlich, insbesondere in Bezug auf Hitze. Sie denaturieren (denken Sie nur an Eier, deren Eiweiß unerhitzt völlig anders aussieht als erhitzt) oder gehen eine ungeplante Verbindung mit Kohlehydraten ein. In dieser Verbindung können die Aminosäuren nicht mehr biologisch genutzt werden. Trotz hoher Gehalte in einem Futtermittel kann es also dennoch zu Mangelsituationen kommen. Wie stark die Veränderungen der Eiweißstruktur sind, wird letztendlich von der Höhe der Temperatur, der Dauer des Erhitzungsprozesses und der Anwesenheit von Wasser (Dampf) bzw. Säuren oder Laugen bestimmt. Fest steht, dass sich der Mais beim Poppen zwar in Bezug auf seine Stärkeverdaulichkeit auf dieselben Werte wie naturbelassener Hafer verbessert, in seinem Aminosäuren-Angebot aber gleichzeitig noch zusätzlich verschlechtert wird.

Auch beim Pressen herkömmlicher Pellets wird Hitze und Wasserdampf eingesetzt. Man benötigt spezielle Maschinen, um Rohstoffe schonender zu verarbeiten.

Wie unterstütze ich den Muskelaufbau optimal?

Damit wären wir wieder bei unserem Lieblings-Thema: Heu

Ein blattreiches, nicht zu spät geschnittenes und dennoch gut strukturiertes Heu ist die Grundlage jeder Pferdefütterung. Über das Heu ist der Grundbedarf an Eiweiß bereits gedeckt.

Um den Muskelaufbau darüber hinaus zu unterstützen, zeigen neue Forschungsergebnisse, dass sich die Fütterung bestimmter essentieller Aminosäuren in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Training positiv auswirkt.

Über ein Präparat mit durchdachter Zusammensetzung essentieller Aminosäuren, wie unser Magnovital®, lassen sich auch Mängel im Grundfutter ausgleichen, ohne gleichzeitig den Organismus mit Eiweiß zu überlasten.

Literaturverzeichnis: