Biotin für Pferde - Wundermittel für die Hufe?

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Hatten Sie schon einmal einen eingerissenen Fingernagel oder einen Bluterguss unter einem Nagel? Durch den Umgang mit Pferden bestimmt nicht nur einen. Sie haben also eine ungefähre Vorstellung davon, wie unangenehm das ist. Als Mensch haben wir den Vorteil, nicht auch noch den ganzen Tag darauf stehen zu müssen. Diesen Luxus haben unsere Pferde nicht.

Der Huf – mehr als nur eine Schutzfunktion

Allein schon aus diesem Grund ist ein gesunder Huf von größter Bedeutung für das Wohlbefinden, denn anders als der menschliche Fingernagel erfüllt der Pferdehuf mehr als nur eine Schutzfunktion:

  • Er dient als Tastorgan, der Unebenheiten wahrnehmen und sich – je nach Beschlag unterschiedlich stark – an diese anpassen kann.
  • Er ist der nachwachsende Schuh des Pferdes, der als Schutz und Aufhängung für das Hufbein dient.
  • Durch seine Verformbarkeit ist er zudem ein wichtiger Stoßdämpfer.

Für alle diese Funktionen sind eine gute Hornqualität und ein ausreichendes Hufwachstum notwendig. Häufig verlorene Eisen, ausgebrochene Nagellöcher oder Tragränder und Risse im Horn sind keineswegs nur Schönheitsfehler, sie vermindern die Funktionalität des Hufes: In Rissen können sich Bakterien ansiedeln und unter Umständen bis an die lebendige Lederhaut gelangen. Ausgebrochene Nagellöcher und Tragränder erschweren es zudem, neue Eisen aufzunageln, und stellen gravierende Schwachstellen im Horn dar. Ein Hornwachstum, das den Abrieb übersteigt, ist nicht nur bei Barhufen von essenzieller Bedeutung, sondern auch bei beschlagenen Pferden notwendig, um eine Korrektur der Hufstellung vornehmen zu können. Wenden wir uns kurz der Hornbildung zu.

Wie wird Horn gebildet?

Das Hufbein ist von der Huflederhaut umgeben. Diese stellt nicht nur die Verbindung zwischen Huf und Knochen dar, von ihr geht auch die Hornbildung aus. Wenn Sie sich einmal den Huf Ihres Pferdes ansehen, stellen Sie fest, dass Horn nicht gleich Horn ist. Im Bereich des Strahls und Ballens ist das Horn elastisch (weniger Verkettung der Keratinketten), während die Wände und Sohle des Hufes hart sind (mehr Verkettungen der Keratinketten). Wenn Sie den frisch ausgeschnittenen oder gewaschenen Huf von unten genauer betrachten, können Sie im Bereich der Sohle und der Hufwand kleine Pünktchen (Röhrchenhorn) im Horn erkennen, während die weiße Linie (Blättchenhorn) gestreift aussieht. Das liegt daran, dass die Lederhaut nicht überall die gleiche Form hat.

Das Horn der Hufwand wird von der Kronlederhaut gebildet. Von dort aus wächst das Horn am Hufbein entlang in Richtung Boden. Die Lederhaut dort besitzt kleine Zotten, die das Röhrchenhorn der Hufwand bilden. Auch die Sohle besteht aus dem sogenannten Röhrchenhorn. Die Hufwand wird über die weiße Linie mit der Sohle verbunden. Diese besteht aus Blättchenhorn, welches von Lederhautblättchen gebildet wird. Diese Blättchen sind papierdünn und gut mit dem Blättchenhorn verzahnt. Sie bilden die Aufhängung des Hufbeins in der Hufkapsel. Bei jedem Schritt wird ein Teil der Kraft Richtung Boden in Zugkraft an den Lederhautblättchen umgewandelt und abgefedert.

Horn besteht also aus verhornten Zellen der Lederhaut. Diese verhornten Zellen werden mit Keratin angereichert und vernetzt. Keratin ist ein Strukturprotein. Das bedeutet, es handelt sich um eine Kette von Aminosäuren, die für die Stabilität der Zellen verantwortlich ist. Die Länge dieser Kette von Aminosäuren und die Anzahl der Verbindungen unter den einzelnen Ketten entscheiden über die Festigkeit des Horns. Aus diesem Grund findet man im Strahlhorn kürzere und weniger vernetzte Aminosäureketten als im deutlich festeren Horn der Hufwand.

Zwischen den Hornzellen befindet sich Zwischenzellkitt. Vorstellen kann man sich diesen Kitt wie einen Mörtel, der die Hornzellen zusammenhält. Die Zusammensetzung des Kitts unterscheidet sich zwischen den Hufsegmenten, wie z.B. Strahl und Hufwand, erheblich und bedingt unterschiedliche Härten. Dieser Kitt besteht aus Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen. Die Kohlenhydrate sind in erster Linie für den Zusammenhalt verantwortlich. Die Fette haben eine wichtige Barrierefunktion gegen den Ein- und Austritt von Wasser sowie die Besiedlung von Keimen. Die Hauptaufgabe der Eiweiße besteht darin, die Auflösung der Zellkontakte zu ermöglichen. Diese Auflösung ist allerdings nicht negativ zu bewerten, sondern würde diese nicht stattfinden, würde z.B. das Sohlenhorn immer weiterwachsen und mit der Zeit das Hufgewölbe verschwinden.

Was ist der Hufmechanismus und wieso ist er so wichtig?

Auch wenn ein Pferdehuf uns hart erscheint, ist er keineswegs starr. Bei Belastung des Hufes verformt er sich: Die Trachten werden auseinandergedrückt, das Sohlengewölbe wird flacher. Je nach Beschlag bekommt der Strahl Bodenkontakt. Belastet das Pferd den Huf weniger, nimmt er wieder seine ursprüngliche Form ein. Dieser Hufmechanismus federt nicht nur einen Teil der einwirkenden Kraft ab, sondern pumpt gleichzeitig Blut.

Warum können manche Pferde Barhuf laufen und andere ohne Eisen keinen Schritt gehen?

Zunächst einmal sind das Hornwachstum und auch die Hornqualität genetisch festgelegt (13). So sind bspw. Vollblüter und Lipizzaner für ihre problematischen Hufe bekannt. Durch das Veredeln unserer Warmblüter mit Vollblut treten nun flache Hufe, dünne Sohlen und ungenügendes Hornwachstum immer häufiger auf. Die Hufwand eines Warmblüters wächst im Monat zwischen 4 mm und 15 mm (1). Isländer weisen ein deutlich geringeres Hornwachstum von 4 mm bis 5 mm im Monat auf. Auch im Alter ist eine geringere Hornbildungsrate zu erwarten. Im Sommer wird zudem mehr Horn gebildet als im Winter.

Wie kann man die Hornqualität und das Hufwachstum beeinflussen?

Es gibt einige Möglichkeiten, die Hornqualität und das Hufwachstum zu beeinflussen:

Durchblutung fördern

Ohne Nährstoffe aus dem Blut können die hornbildenden Zellen nicht arbeiten und im Ergebnis der Huf nicht wachsen. Unter anderem deshalb wachsen Hufe von Pferden, die sich mehr bewegen, schneller (6). Dabei kann die Durchblutung durch das Einreiben des Kronsaums (nicht des Horns, sondern der Übergang zur Haut) mit Lorbeeröl verstärkt werden (7).

Hygienische Haltung

Diese ist mitentscheidend, denn ein Gemisch aus Pferdeäpfeln und Urin löst den Zwischenzellkitt auf. Pferde, die häufig in nicht optimal gemisteten Boxen stehen, fallen deshalb mit bröckelndem Horn auf. Außerdem können sich Bakterien und Pilze durch die Kombination aus Feuchtigkeit und Schwachstellen im Horn leichter ansiedeln. Bei schlechter Hygiene lassen Strahlfäule und eine dunkel verfärbte, aufgeweichte weiße Linie (white line disease) nicht lange auf sich warten, die wiederum zu Hornbruch führen kann.

Wassergehalt des Horns 

Ein hoher Wassergehalt im Horn sorgt für ein weicheres Horn und somit erhöhten Abrieb. Auf der anderen Seite sind sehr trockene Hufe für Risse und Tragrandausbrüche anfällig. Der Wassergehalt des Horns wird dabei maßgeblich über die Lederhaut reguliert. Die Fette im Zwischenzellkitt verhindern, dass große Mengen Wasser aufgenommen oder abgegeben werden. Der Huf kann also seinen Wassergehalt regulieren. Dennoch führen extreme Bodenverhältnisse, wie Matsch oder sehr trockener sandiger Boden, denen der Huf über einen langen Zeitraum ausgesetzt ist, zu veränderten Wassergehalten. Bei vielen Reitern gehört ein kurzes Beineabspritzen und Fetten der Hufe zur täglichen Routine. Man muss sich jedoch einerseits bewusst sein, dass eine kurze Berührung mit dem Wasserstrahl zur Wässerung der Hufe nicht ausreicht. Zu trockene Hufe müssen über einen längeren Zeitraum feucht gehalten werden, damit sich der Wassergehalt tatsächlich ändert. Koppeln, die vom Morgentau noch feucht sind, oder das Einschmieren mit Lehm können hier Erfolge bringen. Wenn Hufe andererseits gefettet werden, wird die Oberfläche zeitweise versiegelt. Dadurch kann der Wassergehalt nicht mehr reguliert werden. In diesem Fall sollte der Huf vorher seinen optimalen Wassergehalt bereits haben. Solange die Hufe keiner extremen Situation ausgesetzt sind, ist das Fetten in der Regel entbehrlich.

Hufkorrektur

Keine andere regelmäßige Pflege ist so wichtig wie die Hufkorrektur. Sehr flache Hufe belasten die Beugesehnen vermehrt und stellen so ein Risiko für Sehnenverletzungen und Hufrollenprobleme dar. Hufe, die nicht zum Skelett der Gliedmaße passen, erhöhen die Belastung der Gelenke und damit ihren Verschleiß. Spannungen in der Hornkapsel führen zu Rissen, die im schlimmsten Fall bis an die Lederhaut reichen können. Sie sehen: Ein guter Schmied erspart Ihnen viele Sorgen und Ihrem Pferd mögliches Leiden.

Fütterung

Ohne die passenden Bausteine aus der Nahrung kann das Horn nicht gebildet werden. Allerdings reicht es nicht, einfach alle Nährstoffe im Überfluss zur Verfügung zu stellen. Einige Mineralien haben z.B. untereinander Wechselwirkungen. Wenden wir uns deshalb im Folgenden den Nährstoffen für eine optimale Versorgung des Hufes zu.

Welche Nährstoffe braucht der Huf?

Mengen- und Spurenelementgehalte in Kronhorn – gewichtete Mittelwerte bezogen auf die Horntrockenmasse (TS)

Mengen- bzw. SpurenelementKonzentration in mg/kg TS
Schwefel19.100
Chlorid3.700
Kalzium551
Phosphor240
Magnesium127
Natrium637
Kalium957
Kupfer5,8
Zink155
Eisen567
Mangan1,7
Selen0,23

Litzke LF, Rau B. Der Huf Lehrbuch des Hufbeschlages. 6. Aufl. Stuttgart: Enke Verlag; 2012. S. 99

 

Die Tabelle verdeutlicht, welche Mineralstoffe für das Hufwachstum essenziell sind. Schwefel, Chlor, Calcium, Phosphor, Magnesium, Natrium, Kalium, Eisen und Mangan sind in der Regel bereits über Heu und einen Salzleckstein ausreichend vorhanden. Dagegen ist die Versorgung mit Kupfer, Zink und Selen ohne Ergänzung oftmals nicht gesichert, sodass diese Mineralien immer zugefüttert werden sollten. Auch etliche Vitamine und Aminosäuren können je nach Qualität und Lagerung des Heus knapp werden.

Schwefelhaltige Aminosäuren

Der Hauptbestandteil des Hufes ist Keratin. Dieses Strukturprotein besteht aus Aminosäuren. Nicht überraschend also, dass ein Mangel an Aminosäuren zu verzögertem Wachstum führt (7). Ganz besonders wichtig sind dabei schwefelhaltige Aminosäuren (Cystein und Methionin), da von ihnen die Vernetzung der Keratinketten untereinander abhängt. So lässt sich durch eine Supplementierung von Methionin nachweislich das Hornwachstum beschleunigen (3). Zusammengefasst: Werden zu wenig schwefelhaltige Aminosäuren eingebaut, leidet die Hornqualität (3).

Zink

Zink spielt eine entscheidende Rolle im Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel, und Zink wird gebraucht für die Vernetzung der schwefelhaltigen Aminosäuren in den Keratinketten. Horn von mangelhafter Qualität hat einen niedrigeren Zinkgehalt als Horn mit guter Qualität (4). Ein Zinkmangel führt weiterhin zu Infektanfälligkeit, Haarausfall, Hautschuppen, Störungen der Keratinbildung, Verdickungen des Kronrandes und schwachem, brüchigem, deformiertem Hufhorn.

Das notwendige Zink ist im Grünfutter unserer Pferde in der Regel nicht ausreichend vorhanden. Pferde benötigen dabei etwa 90 mg Zink je 100 kg Körpergewicht täglich. Abhängig von den Gehalten im Grundfutter muss etwa die Hälfte über eine entsprechende Ergänzung zugefügt werden. Um eine sichere Versorgung mit Zink durch ein Ergänzungsfuttermittel zu gewährleisten, abgesehen vom absoluten Gehalt, ist im Fall von Zink tatsächlich die Bindungsform für die Aufnahme im Körper entscheidend. So wird Zinkoxid bedeutend schlechter aufgenommen als Zinksulfat und Zinkchelat (11). Darüber hinaus ist das Verhältnis von Zink zu anderen Mineralstoffen, insbesondere Calcium (siehe unten), Kupfer (siehe unten), Mangan und Eisen, zu beachten, da hohe Gehalte dieser Mineralien die Zinkaufnahme im Darm reduzieren.

Kupfer

Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Kupferversorgung bei tragenden Stuten und in der Zeit des Wachstums gelegt werden. Kupfer ist von entscheidender Bedeutung für die Bildung von Knochen, Knorpel, Bindegewebe, Nerven, Blut und Fellfarbe. Aber auch bei der Vernetzung der Keratinketten spielt Kupfer eine Rolle, sodass ein Kupfermangel zu Horn von geringerer Festigkeit führt. Sollte man nun einfach die Kupferversorgung erhöhen? Das kommt darauf an: Da Zink und Kupfer im Darm um die Bindungsstellen konkurrieren, wird durch eine überhöhte Fütterung des einen Elements die Aufnahme des anderen stark vermindert.

Calcium

Das bereits angesprochene Calcium darf umgekehrt nicht zu wenig gefüttert werden, da es für die Aktivierung der Verhornung notwendig ist (9). Studien belegen (5) die verbesserte Hornqualität bei einer zusätzlichen Calciumgabe. Allerdings ist mit unseren heutigen heubasierten Rationen ein absoluter Calciummangel eher unwahrscheinlich. Schon über die absolute Mindestmenge von 1,5 kg Heu je 100 kg Körpergewicht ist bei einem durchschnittlichen Heu der Bedarf in der Regel gedeckt. Erst bei sehr geringen Mengen eines mineralstoffarmen Heus entsteht ein Mangel, allerdings vermutlich nicht nur an Calcium.

Selen und Vitamin E

Selen und Vitamin E sind wichtige Antioxidantien, die die Bildung freier Radikale hemmen. Diese Radikale entstehen unter anderem beim Abbau von ungesättigten Fettsäuren und dem Umsatz von Sauerstoff. Werden sie nicht abgefangen, führen sie zu Schäden an den Zellen.

Wenden wir uns zunächst dem Selen zu: Pferde benötigen etwa 0,3 mg bis 0,4 mg Selen je 100 kg Körpergewicht. Selen gibt es im Handel organisch (Selenomethionin) und anorganisch (Natriumselenit) gebunden. Beide Formen sind grundsätzlich geeignet, die Selenversorgung zu sichern. Anorganisches Selen jedoch wird besser in selenhaltige Enzyme eingebaut. Organische Verbindungen führen zwar zu einem schnelleren Anstieg des Selengehalts im Plasma, werden jedoch relativ unspezifisch in Proteine eingebaut (10).

Ein Selenmangel führt zu einem schwachen Immunsystem, Weißmuskelkrankheit der Fohlen, Schäden an der Muskulatur und auch den verhornenden Zellen. Dennoch weist Horn von schlechter Qualität signifikant erhöhte Selengehalte auf (4). Dies erklärt sich dadurch, dass Selen ein Antagonist zu Zink sowie Schwefel ist und dieser Mechanismus verhindert, dass die Keratinketten vernetzt werden.

Wird über eine längere Zeit zu viel Selen gefüttert oder eine sehr große Menge auf einmal, kann es sogar zu einer Selenintoxikation kommen. Ab 4 mg Selen je 100 kg Körpergewicht und Tag kann es zu chronischen Selenvergiftungen kommen. Anzeichen hierfür können Lahmheiten, Ausfall von Mähnen und Schweifhaaren und horizontale, ringförmige Risse und Hornspalten im Hufhorn sein, bis hin zum Ausschuhen in besonders schweren Fällen.

Sie sehen: Der Bereich, in dem Selen mehr nutzt als schadet, ist sehr eng. Das liegt daran, dass die Aufnahme nicht an den Bedarf angepasst, sondern jedes ankommende Selenmolekül erst mal resorbiert wird. Da die Böden in Deutschland sehr selenarm sind, muss über die Hälfte des Selenbedarfs über ein Ergänzungsfutter gedeckt werden. Gefährlich wird dabei die Kombination verschiedener Mineralfutter ohne Berechnung der aufgenommenen Selenmenge und Produkte mit natürlichem Selengehalt (wie z.B. Seealgen, deren Selengehalt nicht auf dem Etikett stehen muss). Ein 600 kg Pferd sollte deshalb nicht mehr als 2 mg Selen pro Tag aus Ergänzungsfuttermitteln erhalten (bitte auch mineralisierte Müslis beachten).

Das zweite Antioxidans Vitamin E ist für die Aufrechterhaltung des Fettanteils in den Zellmembranen und die Lipide im Interzellularkitt wichtig. Außerdem ist es für die Funktion der Muskultur unentbehrlich. Mit Blick auf die Versorgung kann es in der Stallperiode (wie beim ß-Carotin) zu Engpässen kommen und eine Ergänzung notwendig sein.

Vitamin A

Vitamin A wird für den Sehvorgang, Aufbau von Haut, Schleimhäuten und Knochen sowie für die Blutbildung benötigt. In der natürlichen Ernährung von Pferden finden wir kein Vitamin A, sondern nur seine Vorstufe in Form von Betacarotin. Dieses Provitamin wird in der Darmschleimhaut zu Vitamin A umgebaut. Alle grünen Pflanzen enthalten Betacarotin. Solange frisches Grün zur Verfügung steht, ist die Vitamin-A-Versorgung gesichert. In Grünfutterkonserven, wie z.B. Heu, nimmt der Betacarotingehalt durch die Lagerung allerdings schnell ab. Bereits in der Trocknung sinkt dieser (ebenso wie der Vitamin E Gehalt) um 90 %. Ohne Gras muss also Vitamin A ergänzt werden. Ganz besonders wichtig ist diese Ergänzung bei Zuchtstuten und Fohlen.

Ein Vitamin-A-Mangel zeigt sich in bröckelndem Horn mit Neigung zur Spaltenbildung. Betroffene Pferde sind anfällig für Infektionen, und Wunden heilen schlechter. Auch Lahmheiten durch einen erhöhten Liquordruck und daraus resultierender Nervenschädigung können vorkommen. Sollten Sie nun Vitamin A in der Winterzeit ergänzen? Hier müssen Sie vorsichtig sein: Die direkte Fütterung von Vitamin A anstelle des Provitamins Betacarotin setzt nämlich den Regelmechanismus des Körpers für die Aufnahme von Vitamin A außer Kraft. Über einen längeren Zeitraum sollten Pferde aus diesem Grund nicht mehr als 100.000 I.E. Vitamin A je 100 kg Körpergewicht über ein Ergänzungsfutter erhalten (8).

Biotin

Biotin (Vitamin H) ist für den Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel notwendig, regt die Differenzierung der Hautzellen an und wird für die Bildung von Keratin gebraucht. Alle Tiere, die einen angespannten Eiweißstoffwechsel haben, wie z.B. laktierende Stuten, aber auch Pferde, die aus Krankheitsgründen stark Substanz verlieren (also Muskulatur einschmelzen) oder umgekehrt gerade Muskulatur aufbauen, haben einen erhöhten Biotinbedarf. Biotin wird im Dickdarm des Pferdes von Bakterien synthetisiert, jedoch ist die resorbierte Menge vernachlässigbar gering (2). Eine zusätzliche Gabe von Biotin wirkt sich nachweislich positiv auf das Hufwachstum und die Hornqualität aus (10; 13), selbst ohne dass ein vorher ein feststellbarer Mangel bestand (6). Ohne Biotin wächst Horn 4 mm bis 15 mm im Monat. Mit Biotin lässt sich die Hornbildungsrate allerdings um bis zu 15 % steigern (12).

 MangelÜberschussErgänzung
notwendig?
Schwefelhaltige
Aminosäuren
Verzögertes Wachstum
und brüchige Hufe
Erhöhtes HufwachstumJe nach Qualität des Grundfutters
ZinkSchwaches, brüchiges,
deformiertes Hufhorn,
Infektanfälligkeit,
Haarausfall, Hautschuppen
Bei sehr hohen Gehalten: KupfermangelJa
KupferBrüchige Hufe, Anämie,
Pigmentverlust,
Neigung zu Gefäßrupturen
ZinkmangelJa
SelenInfektanfälligkeit,
muskuläre Probleme
Brüchige Hufe, Hornkluft, AusschuhenJa, allerdings in Maßen
Vitamin ABrüchige Hufe,
Anfälligkeit für Atemwegsinfekte
und Würmer
Raues Haarkleid, gesenkter Muskeltonus und AtaxieJe nach Weidegang
Biotin Verbesserte Hornqualität und erhöhtes HufwachstumBei mangelhafter Hufqualität

 

Zusammenfassung

Zusammenfassen können wir, dass wir es mit einer komplexen Materie zu tun haben, die von vielen Faktoren abhängt. Pferde mit einem Mangel an Zink, Kupfer, Calcium, schwefelhaltigen Aminosäuren und Vitamin A haben oftmals ein vermindertes Hornwachstum und brüchige Hufe. Um eine Unterversorgung zu vermeiden, sollten zunächst alle Bausteine für das Hufhorn in den passenden Verhältnissen zueinander und gleichzeitig bereitgestellt werden.

Sorgen Sie zunächst für eine ausreichende Versorgung an schwefelhaltigen Aminosäuren. Bei Zink müssen Sie darauf achten, vom Körper resorbierbares Zink zu ergänzen und das rechte Verhältnis zu Kupfer zu wahren. Calciummangel ist nur in Ausnahmen ein Problem. Selen ist in Maßen notwendig und sollte mit Bedacht gefüttert werden. Die Vitamin-E-Versorgung bedarf vor allem in den Wintermonaten einer erhöhten Aufmerksamkeit. Dies trifft auch auf das Vitamin A zu, beachten Sie hier die genannte Dosierempfehlung. Schließlich das Biotin: Pferde mit einer genetisch schlechten Hornqualität oder wenig Hufwachstum profitieren von einer dauerhaften Ergänzung mit Biotin.

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Quellenverzeichnis:

  1. Becker C. Untersuchungen zum Hornwachstum: Vergleichende Studie bei der Anwendung von äußerlich und oral anzuwendenden Mitteln (Dissertation med. vet). Berlin: Freie Universität; 1998.

  2. Buffa EA, Van der Berg SS, Verstraete FJM, Swart NGN. Effect of dietary biotin supplement on equine hoof horn growth rate and hardness. Equine Veterinary Journal. 1992;24:472-474.

  3. Clark AK, Rakes AH. Effect of methionine hydroxy analog supple mentation on dairy cattle hoof growth and composition. Journal of Dairy Science. 1982;65:1493-1502.

  4. Coenen M, Spizlei S. Zur Zusammensetzung des Hufhorns in Abhängigkeit von Alter, Rasse und Hufhornqualität. Pferdeheilkunde. 1996;3:279-283.

  5. Kempson SA. Scanning electron microscope observations of hoof horn from horses with brittle feet. Veterinary Research. 1987;120:568-570.

  6. Leu U, Vergleichende Untersuchungen über den Einfluss von oral verabreichtem Biotin auf das Hufhorn beim Pferd (Dissertation med. vet). Zürich: Universität Zürich; 1987.

  7. Litzke LF, Rau B. Der Huf Lehrbuch des Hufbeschlages. 6. Aufl. Stuttgart: Enke Verlag; 2012.

  8. Meyer H, Coenen M. Pferdefütterung. 5. Aufl. Stuttgart: Enke Verlag; 2014.

  9. Mülling Ch, Bragulla H, Reese S, Budras KD, Steinberg W. How Structures in Bovine Hoof Epidermis are Influenced by Nutritional Factors. Anatomia Histologia Embryologia. 1999;28:103-108.

  10. Richardson SM, Siciliano PD, Engle TE, Larson CK, Ward TL. Effect of selenium supplementation and source on the selenium status of horses. Journal of Animal Science. 2006;84:1742–1748.

  11. Wichert B, Kreyenberg K, Kienzle E. Serum Response after Oral Supplementation of Different Zinc Compounds in Horses. The Journal of Nutrition. 2002;132:1769–1770.

  12. Wintzer HJ. Der Einfluss einer Vitamin-H-Substitution auf Wachstum und Beschaffenheit des Hufhorns. Tierärztliche Praxis. 1986:14; 495-500.

  13. Zenker W, Josseck H, Geyer H. Histological and physical assessmentof poor hoof horn quality in Lipizzaner horses and a therapeutic trial with biotin and a placebo. Equine Vetenary Journal. 1995;27:183-191.